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Neue Perspektiven einer zukunftsfähigen Raumordnung in Bayern

Projekt abgeschlossen
Leitung:
Manfred Miosga
Geschäftsführung:
Simon Dudek

Laufzeit

2017 - 2020

Hintergrund/ Problemstellung

Die „Erosion staatlicher Steuerungskraft" 1, die seit Jahren nicht zuletzt auch die Raumordnung als übergeordnete, koordinierende und zusammenfassende räumliche Gesamtplanung betrifft, zeigt sich im Freistaat Bayern mit Blick auf die landespolitischen Postulate besonders deutlich:

"Der Ministerrat hat am 2. Dezember 2009 eine umfassende Reform der Landes- und Regionalplanung beschlossen. Als Prüfmaßstab hat der Ministerrat „Entbürokratisierung, Deregulierung und - soweit möglich - Kommunalisierung" vorgegeben. Die Reform beinhaltet die Neufassung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes (BayLplG) als Vollgesetz sowie die Gesamtfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP)."2

Zwar wurden von der bayerischen Landesplanung durchaus auch aktuelle räumliche Herausforderungen wie der demographischer Wandel und der Klimawandel einschließlich des Umbaus der Energieversorgung thematisiert3, doch fehlt es aus fachlicher Sicht an dem Anspruch bzw. Bestreben, die Herausforderungen mit den Koordinierungs- und Steuerungsinstrumenten der Raumordnung auch wirksam anzugehen.

Die LAG Bayern der ARL hat sich in den letzten Jahren wiederholt mit den Reformaktivitäten der bayerischen Landesplanung auseinandergesetzt und hierzu im Sinne der „Schadensbegrenzung"
im Rahmen von Anhörungen konstruktive, aber überwiegend kritische Stellungnahmen erarbeitet.4

In zwei Fachtagungen/Mitgliederversammlungen der LAG Bayern (Juli 2016 in Augsburg und Dezember 2016 in Nürnberg) wurde die in manchen Bereichen beklagenswerte Situtation der Landes- und Regionalplanung in Bayern erörtert sowie über die Herausforderungen und möglichen Stragtegien für eine zukunftsfähige Raumordnung im Freistaat diskutiert. Dabei ist der Gedanke gereift; nicht länger in einer defensiven Position zu verharren und lediglich auf weitere Entwicklungen einer erodierenden Landesplanung mit Einzelkritik zu reagieren, sondern sich von der zunehmend als Stückwerk betrachteten Landes- und Regionalplanung in Bayern zu lösen und mit einer gebotenen ganzheitlich-umfassenden, strategischen und durchaus auch visionären Betrachtung über neue Perspektiven einer zukunftsfähigen Raumordnung in Bayern nachzudenken, die sich an den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen orientiert.

Forschungsfragen

Für die Erarbeitung von neuen Perspektiven einer zukunftsfähigen Raumordnung in Bayern sollen vor allem auch jüngere Mitglieder und Gäste der LAG Bayern besonders angesprochen werden. Drei Arbeitsphasen sind vorgesehen:

Orientierungsphase

  • Aktuelle und neue Herausforderungen für die Raumentwicklung und Raumordnung:
    • Auswertung der Leitbilder zur Raumentwicklung und raumrelevanter sektoraler Strategien und Programme auf Ebene der EU, des Bundes und des Landes Bayern (Nachhaltige Entwicklung, gleichwertige Lebensbedingungen in allen Teilräumen, Flächensparen, demografischer und sozioökonomischer Wandel, Energiewende, Klimaschutz und -anpassung, Mobilitätsentwicklung, Biodiversität, Globalisierung und Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft etc.) mit Fokus auf die Raumentwicklung in Bayern
    • Auswertung der Reformen in der bayerischen Landesplanung seit 2006 und insbesondere der von Akademien und Verbänden vorgebrachten Grundsatzkritik (Deregulierung, Kommunalisierung, Doppelsicherungsverbot, Fragmentierung des raumordnerischen Steuerungsanspruchs etc.)
    • Auswertung der Diskussionen über die Landesentwicklung im Landesplanungsbeirat und in der Enquete-Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern“
    • Analyse der aktuellen raumstrukturellen Situation in Bayern und Verständigung über zentrale künftige Herausforderungen und Aufgaben für die Landes- und Regionalplanung

Strategiephase

  • Analyse und Weiterentwicklung von Strategien der Raumordnung (Landes- und Regionalplanung) zur Koordination und Steuerung der Raumentwicklung, insbesondere:
    • Weiterentwicklung von Planungsorganisation und Governance-Strukturen
    • Weiterentwicklung von Raumkategorien und Regionsabgrenzungen
    • Weiterentwicklung des formellen und informellen Planungsinstrumentariums
    • Weiterentwicklung der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit

Phase der Visionen

  • Auch mit Blick auf europäische Nachbarstaaten: Entwicklung und Diskussion von z.T. grundlegend neuen bzw. andersartigen Ansätzen der überörtlichen Koordination und Steuerung der Raumentwicklung zur Bewältigung der neuen Herausforderungen.

Bezug zum Forschungsprogramm der ARL
Die Erarbeitung von neuen Perspektiven einer zukunftsfähigen Raumordnung am Beispiel des Freistaats Bayern wird vor dem Hintergrund der eingangs beschriebenen Erosionserscheinungen im Bereich der staatlichen räumlichen Gesamtplanung als eine zentrale Aufgabenstellung für die ARL betrachtet. Bezüge zu den Forschungsprogrammen der ARL (2015/2016 und Entwurf 2017) ergeben sich insbesondere für das Forschungsfeld III „Planungskonzepte und –prozesse, Recht“, aber auch im Querschnittsbezug für die Forschungsfelder I „Demographischer und sozioökonomischer Wandel“ und II „Mobilität, Energie, Klima“.

 


1 ARL (2011 ): Orientierungsrahmen. Mittelfristige Forschungsperspektiven der ARL 2010-2020. Hannover, S. 30f.
2 Bayerische Staatsregierung (2013): Gesamtfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP). Entwurf des Landesentwicklungsprogramms (LEP-E) (20.06.2013). Vorblatt: Verordnungsentwurf über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP). München. S. 1.
3 Ebenda
4 S. u. a. Jacoby, Ch. (2013): Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) vom 5. Februar 2013. Bayerischer Landtag (Hrsg.): Anhörung zum Thema: "Entwurf einer Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) (Drucksache 16/15555)", München, Anlage 20, S. 1-8.