ARL-Kongress 2024 – Große Infrastrukturprojekte
18. / 19. April 2024 in den media docks, Lübeck
Große Infrastrukturprojekte: Planung zwischen Beschleunigung und Protest
HINTERGRUND UND THEMA
Große Infrastrukturen von (über-)regionaler Bedeutung sind kostenintensive und komplexe Vorhaben, die oft mit hohen Erwartungen an ihre Realisierung und Leistungsfähigkeit versehen sind. Hierzu gehören beispielsweise Verkehrswege – Schienen, Autobahnen, Brücken und Tunnel, wie z. B. der Fehmarnbelttunnel – oder Flughäfen. Ebenso gehören dazu Standorte der Energieerzeugung, Leitungstrassen, wie bspw. der Südlink, oder überregionale Vorhaben der Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Kommunikation sowie weiterer Bereiche.
All diese weitreichenden Zukunftsinvestitionen sind planerisch und baulich-technisch, aber auch umwelt- und gesellschaftspolitisch sehr herausfordernd und bergen ein hohes Konfliktpotenzial, wie u. a. Stuttgart 21 verdeutlicht hat. Planungsprozesse mit dem Anspruch, eine nachhaltige und integrierte Raumentwicklung zu realisieren, finden immer in diesem Spannungsfeld von Interessengegensätzen, Kosten- und Nutzenaspekten sowie zahlreichen Risikoabwägungen statt. Sie sollen Beteiligung ermöglichen, Umwelt- und Naturschutzaspekte berücksichtigen, sektoral integrierend wirken und rechtssichere Ergebnisse produzieren. Gleichzeitig stehen Planungsprozesse zunehmend unter dem Erwartungsdruck, dabei vor allem auch schneller zu werden.
PROGRAMM
Donnerstag, 18. April 2024
Begrüßung und Moderation Axel Priebs (Präsident der ARL, Hannover)
Grußwort von Joanna Hagen (Senatorin für Planen und Bauen und erste stellvertretende Bürgermeisterin der Hansestadt Lübeck)
Keynote 1: Der Fehmarnbelt-Tunnel: „Brückenbau“ zwischen zwei Planungskulturen
Lars Friis Cornett (Direktor von Femern A/S in Deutschland, Burg auf Fehmarn)
Podiums- und Publikumsdiskussion „Herausforderungen bei der Planung großer Infrastrukturprojekte“
Moderation: Axel Priebs (Präsident der ARL, Hannover)
Mit:
Stephan Siegert (Projektleiter Digitale Beteiligungs- und Genehmigungsprozesse, DEGES – Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin)
Thilo Rohlfs (Lehrstuhl Planungsrecht an der Fachhochschule Kiel) und
Thomas Kiwitt (Leitender Technischer Direktor beim Verband Region Stuttgart)
Drei parallele Fachsessions
Fachsession 1: Infrastrukturausbau und Schienenstrecken
Moderation: Axel Priebs und Martin Sondermann (ARL, Hannover)
Planerischer Umgang mit potenziellen Wirkungen und Unsicherheiten des Hochgeschwindigkeitsbahnverkehrs auf lokaler Ebene – Empirische Ergebnisse aus vier deutschen Städten Manuel Weiß (Philipps-Universität Marburg / BBSR in Bonn), Angelika Münter (ILS Research, Dortmund)
Identität, Glück und ein nachhaltiger Lebensstil: Reaktivierung von Bahnstrecken und ihr gesellschaftlicher Nutzen
Stefanie Gäbler (DZSF – Deutsches Zentrum für Schienenverkehrsforschung beim Eisenbahn-Bundesamt, Dresden), Philipp Rollin (DZSF, Bonn)
Multikriterielle Verfahren in der Verkehrsinfrastrukturplanung – Chancen und Risiken
Stephan Tischler (Universität Innsbruck)
Regionalökonomische, verkehrliche und umweltpolitische Effekte des Ausbaus der Rheintalbahn
Philip Ulrich (GWS – Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH, Osnabrück), Berthold Purzer (PTV Transport Consult, Karlsruhe), Jonas Krinitz, Mark Meyer, Johannes Többen und Lisa Becker (alle GWS, Osnabrück), Petra Strauß (PTV Transport Consult, Karlsruhe)
Fachsession 2: Energiewende und Netzplanung
Moderation: Katharina Kapitza und Anne Finger (ARL, Hannover)
Regionalplanung im Spannungsfeld von Beschleunigung und Interessenausgleich: Windenergieplanung in der Region Bodensee-Oberschwaben
Nadine Kießling, Daniela Briegel (Regionalverband Bodensee Oberschwaben, Ravensburg)
Genehmigungsfragen beim Netzausbau Strom von der Bundesfachplanung bis zum Bau einer Leitung
Christoph Riegel (Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, Bonn)
Stakeholderprozess für die integrierte Netzplanung
Jana Liebe (Thüringer Erneuerbare Energien Netzwerk e. V., Erfurt), Cornelia Gießler (Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz)
Planung unter Höchstspannung – ein Praxisbericht über die Herausforderungen der Energiewende
Helge Conrad (Regierungsbaurat, Regionalverband Ruhr, Essen), Markus Gerber (Verbandsbaudirektor Regionalverband Ruhr, Essen)
Fachsession 3 (hybrid): Integrative planning and conflicts
Moderation: Britta Bockhorn and Annika Mayer (ARL, Hannover)
Dismantling bridges & bridging boundaries. Opportunities and limitations of moving a motorway underground in the case of Vallecas Bridge in Madrid
Federico Camerin (Universidad de Valladolid / Universidad Politécnica de Madrid), Alejandro Tamayo (Universidad Politécnica de Madrid)
Wicked planning problems in Athens: the case of the Athens metro
Pantoleon D. Skayannis (University of Thessaly)
Development of Major Infrastructure Projects, Başakşehir Istanbul Example
Ayşe Burcu Kisacik (Istanbul University)
Investing wisely in regional rapid transit systems with a long-term vision – Case Studies from North America
Deborah Heinen (HafenCity Universität, Hamburg)
Freitag, 19. April 2024
Begrüßung und Moderation Petra Ilona Schmidt-Kaden (Vizepräsidentin der ARL, Hannover)
FRU-Förderpreisübergabe 2023 und 2024
Jörg Knieling im Gespräch mit den Preisträger*innen aus den Jahren 2023 und 2024
FRU-Förderpreis 2023
1. Preis für die Arbeit „Wie finanzielle Armut die Mobilität prägt und auf soziale Teilhabe wirkt“ von Caroline Rozynek, Goethe-Universität Frankfurt am Main
3. Preis für die Arbeit „Die private Lastenradnutzung – Statussymbol oder Alternative zum eigenen Auto? Eine qualitative Untersuchung der instrumentellen, affektiven und symbolischen Motive.“ von Laura Trost, Goethe-Universität Frankfurt am Main
3. Preis für die Arbeit „Was bringt das Deutschlandticket...“ von Christoph Aberle, TU Hamburg
Anerkennungspreis für die Arbeit „Autofreie Mobilitätspraktiken in Stadt und Umland“ von Annika Herberg, RWTH Aachen
FRU-Förderpreis 2024
2. Preis für die Arbeit „Entwicklung und Erprobung einer neuen Methodik zur Planung, Analyse und Bewertung von Verkehrsprojekten in Stadtregionen“ von Jonas Horlemann, Mathias Hedinger und Fabian Wenner, Technische Universität München.
Anerkennungspreis für die Zusammenfassung der Dissertation „Die vorausschauende Planung -Zur Einbeziehung von Leerrohrsystemen nach § 43j EnWG und § 18 Abs. 3 NABEG im System des Planfeststellungs- und Enteignungsrechts“ von Lennart Vetter, Universität Münster
Keynote 2: Beschleunigung versus Beteiligung? Planungskonflikte bei Großprojekten Manfred Kühn (IRS, Erkner)
Drei parallele Fachsessions
Fachsession 4 (hybrid): Acceleration and/or participation? Examples from abroad
Moderation: Constantin Meyer and Moritz Maikämper (ARL, Hannover)
Evaluating faster planning processes: trading off planning time and societal value
Arnór Elvarsson (ETH Zürich)
New prospects for the belt region – integrated planning between top-down and bottum-up
Maijken Toftager Larsen (Roskilde University), Anika Slawski (Technische Hochschule Lübeck)
The road to hell is paved with good intentions
Katharina Burger (University College London) F
Fachsession 5: Proteste und Konflikte bei Großprojekten
Moderation: Barbara Warner (ARL, Hannover) und Julian Antoni (Forum Nachwuchs / Universität Bonn)
Landschaftskonflikte um große Infrastrukturprojekte – eine neopragmatistische Redeskription
Olaf Kühne (Eberhard Karls Universität Tübingen)
Protest als Legitimationskrise am Beispiel des LNG-Terminals auf Rügen: agonistischer Pluralismus als neuer Umgang mit Planungskonflikten?
Ihar Buika und Daniel Schiller (Universität Greifswald)
Zwischen ‚möglichen‘ Gefahren und der ‚notwendigen‘ Möglichkeit zu telefonieren: Diskursive Aushandlungsprozesse um die Standortwahl von Mobilfunk-Sendeanlagen in Deutschland
Julia Dittel und Florian Weber (Universität des Saarlandes, Saarbrücken), Karsten Berr und Olaf Kühne (Eberhard Karls Universität Tübingen)
Fachsession 6: Planung zwischen Beschleunigung und Beteiligung
Moderation: Sebastian Krätzig (ARL, Hannover) und Benedikt Taiber (Forum Nachwuchs / Bundesamt für Naturschutz, Leipzig)
Beschleunigung braucht Zeit! Zur Temporalität großer Infrastrukturprojekte am Beispiel des Emscherumbaus
Gérard Hutter (IÖR, Dresden), Thorsten Wiechmann (TU Dortmund)
Endlager für hochradioaktive Abfälle: Im Spannungsfeld zwischen Planungsbeschleunigung und der Beschaffung von Nutzungsrechten
Nina Grube und Nadine Schmidt (Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH, Peine)
Modernisierung des deutschen Planungsrechtes – Schlussfolgerungen für Reformbedarfe aus dem Genehmigungsprozess für den Fehmarnbelt-Tunnel
Thilo Rohlfs (Fachhochschule Kiel)
Fishbowl „Lessons learned“
Moderation: Annette Spellerberg (Vizepräsidentin der ARL, Hannover)
Mit:
Susan Grotefels (ZiR – Zentralinstitut für Raumplanung, Münster)
Matthias Gather (Fachhochschule Erfurt)
Christina von Haaren (Leibniz Universität Hannover)
und allen Interessierten
Da es vor Ort großen Diskussionsbedarf gab, wir aber aus Zeitgründen abbrechen mussten, haben wir erstmals das Angebot einer Fishbowl extended gemacht und ein weiteres Statement von Stephan Tischler zugesandt bekommen:
"Erfolgreiche Planungsverfahren von großen Infrastrukturprojekte ergeben sich aus der richtigen Mixtur von Beteiligung, Transparenz und Entscheidung. Bei der Miteinbeziehung von relevanten Stakeholdern wie auch der Politik muss die Planungstiefe maßgebend sein (Einbettung von Vorhaben in übergeordnete Planungen vs. direkte Betroffenheit durch das Bauwerk)."
Fazit und Ausblick Susan Grotefels (Vizepräsidentin der ARL, Hannover)
Exkursion zur S4 – die neue Nahverkehrsader zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein
Von Lübeck ging es mit dem Bus zum Baustellengelände in die Hammer Straße in Hamburg-Wandsbek. Dort informierte das S4-Team vor Ort über die neue S-Bahnlinie und über Chancen und Herausforderungen der Planung. Die Baustellenbegehung rückte vor allem den aktuellen Baufortschritt des Projekts in den Fokus. Hier konnten sich die Exkursionsteilnehmenden ein eigenes Bild von der Komplexität und Dimension des Bauvorhabens machen, das bei laufendem Betrieb der S-Bahn-Strecke geplant und umgesetzt werden muss. Darüber hinaus konnte der multimediale Infozug besichtigt werden. Die Vorträge rückten vor allem die fachplanerische Diskussion zum Bauabschnitt 3 in Ahrensburg sowie die Anbindung in die Stadt und an die U-Bahn in den Fokus. Des Weiteren wurden die Erfahrungen der proaktiven Öffentlichkeitsarbeit des S4-Teams und der multimediale Infozug und seine Einsatzmöglichkeiten reflektiert. Die Exkursion endete am Hamburger Hauptbahnhof.
Wir danken allen aktiv am Kongress Beteiligten: Joanna Hagen, den Keynotespeakern, den Referierenden des Podiums, der Fishbowl und der Fachsessions sowie den engagierten Teilnehmenden, dem S4-Team sowie der Veranstaltungslocation media docks und dem Team vor Ort für die beiden sehr gelungenen Kongresstage in Lübeck – wir kommen gerne wieder!
Zum detaillierten Programm (PDF)
Weitere Informationen
Zu den Inhalten:
Dr. Sebastian Krätzig (ARL, Hannover)
Tel.: +49 511 34842-52
sebastian.kraetzig@arl-net.de