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Die erste digitale Jahrestagung des Jungen Forums – 2020

Während einer weltweiten Pandemie treten viele Themen zwangsläufig in den Hintergrund. Dennoch bleiben Klimawandel, Digitalisierung, demographischer Wandel und Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse weiterhin hoch aktuell und sowohl für Planung und Raumforschung als auch für die gesamte Gesellschaft relevant. Vor allem die Debatte um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse wird dabei vor dem Hintergrund regionaler Umbrüche nicht nur zu einer Frage räumlicher Disparitäten, sondern rückt verstärkt auch soziale Gerechtigkeit in den Vordergrund.


Die erste digitale Jahrestagung des Jungen Forums wollte Instrumente, Ansätze und
Perspektiven für den Raum von morgen diskutieren und dabei fragen:

  • Wie können gleichwertige Lebensverhältnisse in räumlicher und sozialer Hinsicht sichergestellt werden?
  • Welches Planungsverständnis braucht es dafür? Inwiefern ist unser jetziges Planungsverständnis überhaupt zeitgemäß?
  • Haben wir die nötigen planerischen Instrumente und Fördermöglichkeiten für eine entsprechende Planung?
  • Wie können bzw. müssten Wissenschaft und Planungspraxis effektiver und zielführender kooperieren?
  • Welche Visionen sind für eine zielgerichtete raumplanerische Zusammenarbeit nötig? Welche Rolle spielen gesellschaftliches Engagement, Ehrenamt oder auch Aktivismus dabei?
  • Welche übergeordneten gesellschaftlichen Diskurse können Planung verändern und prägen?

Die Verlagerung ins Digitale ist gelungen
Unter dem Titel „Visionen für den Raum von morgen – Instrumente, Ansätze und Perspektiven“ sollte im Juni die Jahrestagung des Jungen Forums 2020 in Leipzig stattfinden – zeitlich, örtlich und thematisch eng verbunden mit dem ARL-Kongress.
Durch die Covid-19 Pandemie wurde dieser Plan durchkreuzt und das Junge Forum entschloss sich einen neuen Weg einzuschlagen und die erste digitale Konferenz innerhalb der Akademie durchzuführen.

Die Teilnehmenden im Videogespräch (Foto: Lisa Lorenz)

Die Teilnehmenden im Videogespräch (Lisa Lorenz)


In sechs Vorträgen wurden die Veränderung von Räumen, die (Um)Nutzung dieser und die Möglichkeiten zur Schaffung von gleichwertigen Lebensverhältnissen vorgestellt und mit den Teilnehmenden diskutiert. Mehr als 30 Teilnehmende waren es am Ende. Eine gute Resonanz für eine digitale Veranstaltung und eine engagierte Runde mit konstruktiven Diskussionen.

Stadtentwicklung und regionale Transformationsprozesse
Angeregt diskutiert wurde über verschiedene Visionen und Möglichkeiten der sozial gerechten Stadtentwicklung: Das Konzept der Raumkollaboration soll zu selbstverwalteten und niederschwellig zugänglichen Siedlungsstrukturen beitragen.

In Zukunftsschutzgebieten soll die Stadtgesellschaft einen Ort zur freien Entfaltung bekommen, um entkoppelt von Gesetzen des (Immobilien)Marktes gemeinsam zu handeln und eine nachhaltige und sozial-gerechte, zukünftige Stadtentwicklung zu gestalten. Allerdings müssen Gefahren der Instrumentalisierung solcher Projekte berücksichtigt werden, sodass diese nicht als Legitimationshebel für eine uneingeschränkt wachstumsorientierte Stadtentwicklung werden.
Inwiefern Stadtgestaltungs- bzw. Gemeinwohlinitiativen mit dem Baurecht vereinbar sein können, wurde beim Baurecht auf Stadtmachen dargestellt.


In einem weiteren Beitrag wurden die zunehmende Gentrifizierungstendenzen und die damit zusammengehörenden Konflikte in San Diego, Kalifornien beleuchtet, welche unter anderem durch Umgestaltung der innerstädtischen Grenzen entstehen.
Neben der Entwicklung in den Städten wurden auch großflächigere Räume betrachtet: Bei der Begleitung der Transformationsprozesse in der Lausitz wurde die Rolle von Leitbildern als Strategieinstrument untersucht. Erneut international wurde es bei der Betrachtung der urbanen Verdichtung des Alpenrheintals und den sozioräumlichen Auswirkungen dieser Verdichtungsdynamiken.

Neben dem klassischen Vortrag mit Präsentation im digital geteiltem Bildschirm, fanden die Inputs aber auch über eine Art Interviewgespräch statt, in denen die Teilnehmenden über Frage-Antwort-Zusammenspiel ihr Thema für die Zuhörenden aufbereiteten und inhaltliche Teilaspekte mit Vorzeigen von digitalen und analogen Projektmaterial untermalt wurden.
Weiterhin gilt es zu berichten, dass sich der Arbeitskreis „Postwachstum in ländlichen Räumen“ des Jungen Forums unter Leitung von Sebastian Bohnet auf den Weg gemacht hat und erste konstituierende Treffen hatte. Gerade im Kontext einiger Debatten während der Jahrestagung dürfen wir gespannt auf Visionen und Inhalte des AKs sein.


Stimmungsbild des Jungen Forums
Des Weiteren wurden Echtzeitumfragen zu verschiedenen Planungsthemen durchgeführt, die ein grundlegendes Stimmungsbild seitens der Teilnehmenden abfragen sollten. Auch wenn viele der Meinung waren, dass die Corona-Zeit unter bestimmten Bedingungen tendenziell zu einem Umdenken in raumplanerischen Angelegenheiten und Transformationsdynamiken führen könnte, glauben die meisten, dass es nach Corona eher zum „Business as usual“ zurückgehen wird.
Ebenso war die Sorge recht groß, dass sich Gerechtigkeitsfragen durch die Corona-Krise noch weiter verschärfen werden. Eine Frage nach dem Vertrauen in Planung, Zukunftsaufgaben angemessen zu begegnen, wie auch die Frage, ob unser Planungssystem grundlegend erneuert werden müsste, zeigt ein austariertes, aber uneindeutiges Bild und spiegelt damit ein heterogenes Meinungsbild wieder. Die
meisten wünschen sich für die Raumplanung von morgen mehr Gemeinwohlorientierung, Flexibilität, Nachhaltigkeit und Beteiligung, wie eine in Echtzeit erstellte Wortwolke visualisierte. Damit fügen sich diese erhobenen Stimmungslagen perfekt zu den gelieferten Inputs und Diskussionen im digitalen
Plenum.

Ergebnis der Echtzeitabfrage während der Konferenz (Tobias Bödger)

Ergebnis der Echtzeitabfrage während der Konferenz (Tobias Bödger)


Insgesamt wurde die erste digitale Konferenz des Jungen Forums der ARL sehr positiv wahrgenommen. Auch wenn die netten Flüstergespräche mit Nachbar*innen, die Austausche in den Pausen mit gemeinsamen Kaffee und süßen Leckereien, die bereichernden Exkursionen oder auch zahlreiche andere schöne Momente digital nicht in Gänze aufgefangen werden können, dürfen wir positiv auf diese Erfahrung zurückschauen. Der digitale Austausch hat zudem gezeigt, so ließen es zumindest die zwischenzeitlichen und temporären Zuschalten einiger weniger Mitglieder*innen verstehen, dass digitale Konferenzen mit alltäglicher Spontanität vereinbar sind. So konnten einige, die in einem Präsenztreffen wohl nicht hätten teilhaben können, zumindest temporär dabei sein und mitdiskutieren. Diese Möglichkeit der Spontanität könnte digitale Veranstaltungsformate auch für kürzere und themenbezogene Austäusche, die dank Digitalisierung ortsunabhängig stattfinden könnten, reizvoll machen. So können zukünftig Netzwerktreffen sowohl digital wie auch analog gedacht werden. Inwiefern Konferenzen und Austausche auch in Zukunft noch ins Digitale verlagert werden müssen, bleibt abzuwarten. In jedem Fall konnte dank dieser Erfahrung nicht nur inhaltlich das Netzwerk gestärkt werden, sondern auch das Junge Forum auch formattechnisch breiter ausgestellt werden. Somit sind wir auch für die nächste Konferenz guter Dinge. Dann auch mit einer großen Pause zwischen den Vorträgen.


SprecherInnen des Jungen Forums
Lisa Lorenz
Tobias Bödger
Simon Großmann
Erstellt: 03.08.2020

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