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Call for Papers: Ökosystemleistungen in der räumlichen Planung – Schwerpunktheft der Zeitschrift „Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning“

Das System der räumlichen Planung in Deutschland umfasst ein Spektrum an formellen und informellen Instrumenten, um Fragen nach dem Schutz und der nachhaltigen Nutzung von Natur und Landschaft in Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen. Nichtsdestotrotz ist es der räumlichen Planung bisher erst ansatzweise gelungen, negative Entwicklungstrends zu vermindern und naturschutzfachliche Ziele umfassend zu erreichen.

Das in Politik und Wissenschaft vieldiskutierte Konzept der Ökosystemleistungen hat ein großes Potenzial, die Bedeutung der Natur für die Menschen auf eine neue Art zu bewerten und zu kommunizieren. Es kann damit dazu beitragen, naturschutzfachliche Aspekte besser in Landnutzungsentscheidungen zu berücksichtigen. Die Zunahme entsprechender Publikationen, Netzwerke und Forschungsprojekte lassen auf eine auch künftig hohe Relevanz des Konzepts schließen (z.B. von Haaren/Albert 2016). Drei wesentliche Innovationen, die mit dem Ökosystemleistungskonzept einhergehen, umfassen

  • die Bewertung von Natur und Landschaft in Bezug auf das menschliche Wohlergehen,
  • ein stärker quantitativer Analyseansatz mit neuen Möglichkeiten, Trends, Wechselwirkungen und Synergien einzubeziehen, sowie
  • die multidimensionale Bewertung von Natur und Landschaft, unter anderem auch ökonomisch und monetär.

Zudem könnten partizipative Planungsverfahren durch die Verwendung des Ökosystemleistungskonzepts unterstützt werden.

Mit fortschreitendem Druck auf Natur, Boden und Biodiversität wird es immer dringlicher, die Leistungen des Naturhaushaltes zu erfassen, zu bewerten und noch besser in Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen – insbesondere in der räumlichen Planung. In der internationalen und nationalen Forschung zu Ökosystemleistungen wurden in den letzten Jahren vielfältige konzeptionelle Fortschritte erzielt und Vorschläge unterbreitet, wie das Konzept in der Planung angewendet werden könnte (z.B. de Groot/Alkemade/Braat et al. 2010; Albert/Galler/Hermes et al. 2016). Vor kurzem sind eine Reihe von Projekten gestartet, die den Einsatz des Ökosystemleistungskonzepts in der Planungspraxis in Europa und Deutschland erforschen und erproben. Weitere aktuelle Impulse zur planerischen Nutzung des Konzepts bestehen beispielsweise durch die Konzepte der Grünen Infrastrukturen (Kopperoinen/Itkonen/Niemelä 2014; Albert/von Haaren 2017) und der sogenannten naturbasierten Ansätze (nature-based solutions) (Nesshöver/Assmuth/Irvine et al. 2017; Albert/Schröter/Haase et al. 2019), die beide explizit auf Ökosystemleistungen Bezug nehmen und z.B. in der europäischen Politik als Bausteine für nachhaltige Raumentwicklung gefördert werden.

Im Rahmen eines Arbeitskreises der Akademie für Raumforschung und Landesplanung – Leibniz-Forum für Raumwissenschaften (ARL) werden die entstehenden Erfahrungen mit dem Einsatz des Konzepts in der räumlichen Planung in Deutschland aktuell erstmals systematisch zusammengebracht, ausgewertet und im Hinblick auf bestehende Forschungslücken und Empfehlungen für die praktische Anwendung evaluiert.

Das Ziel des Schwerpunktheftes ist es, Erkenntnisse aus dem Arbeitskreis und weiteren relevanten Forschungsprojekten hinsichtlich Perspektiven für die Anwendung des Ökosystemleistungskonzepts in der überörtlichen räumlichen Planung in Deutschland zu sammeln und übergreifend zu diskutieren. Besonders interessant sind Beiträge, die auf die unterschiedlichen Kenntnisstände zu Ökosystemleistungen auf verschiedenen Planungsebenen bezugnehmen und die Besonderheiten städtischer und ländlicher Planung berücksichtigen.

Mögliche Beiträge aus Praxis und Forschung können sich unter anderem mit folgenden Schwerpunktthemen befassen:

  • Methoden, Ergebnisse und Auswirkungen einer Operationalisierung des Konzepts der Ökosystemleistungen anhand von Best-Practice-Fallbeispielen zu informellen Instrumenten der räumlichen Planung,
  • Möglichkeiten und Grenzen für die Integration des Konzepts in formelle Instrumente der räumlichen Planung,
  • Beiträge des Konzepts der Ökosystemleistungen zur Unterstützung von Entscheidungsprozessen für eine Transformation zu einer stärker nachhaltigen Raumentwicklung sowie
  • Optionen und Wirkungen des Einsatzes des Ökosystemleistungskonzepts in der Bildung zur nachhaltigen Raumentwicklung.

Das Schwerpunktheft hat eine hohe Relevanz für Wissenschaft und Praxis der Raumentwicklung und Raumplanung, da Erkenntnisse zusammengetragen werden zu den Themen methodische Innovationen, kommunikative Vorteile und Möglichkeiten für eine verbesserte Berücksichtigung von Natur und Landschaft, ihren Schutzanforderungen und Biodiversität in Planungsprozessen. Erkenntnisse aus Deutschland sind auch international von hoher Bedeutung, da das hiesige Planungssystem bereits über vergleichsweise gute Datengrundlagen und methodische Erfahrungen in der Erfassung, Bewertung und Berücksichtigung von Natur und Landschaft in Planungsentscheidungen verfügt (insbesondere im Bereich der Landschaftsplanung).

Beiträge können auf Deutsch oder Englisch verfasst und in den Kategorien ‚Articles‘ und ‚Policy and practice perspective‘ eingereicht werden. Interessierte Autorinnen und Autoren werden gebeten, einen Abstract-Entwurf mit einem Umfang von 150 bis 250 Wörtern im Voraus einzureichen, um eine thematische Passfähigkeit zum Schwerpunktheft sicherzustellen. Alle interessierten Autorinnen und Autoren werden gebeten, die Autorenhinweise der Zeitschrift zu beachten (https://content.sciendo.com/view/journals/rara/rara-overview.xml). Alle einzureichenden Manuskripte durchlaufen das übliche doppelblinde Begutachtungsverfahren.

Der folgende Zeitplan ist vorgesehen:

  • Deadline zur Einreichung der Abstract-Entwürfe: 15. Januar 2020. Bitte senden Sie Ihr Abstract an Dr. Barbara Warner (warner@arl-net.de).
  • Rückmeldung an die Autorinnen und Autoren bezüglich der eingereichten Abstracts: 15. Februar 2020.
  • Deadline für die Einreichung von Beiträgen: 1. Januar 2021. Die Einreichung erfolgt über die Website: https://www.editorialmanager.com/rara/
  • Die online first Publikation erfolgt jeweils rund vier Wochen nachdem der entsprechende Beitrag angenommen wurde.
  • Die Printveröffentlichung des Schwerpunktheftes ist für Frühjahr 2022 vorgesehen.

Für fachliche Rückfragen stehen die guest editors gern zur Verfügung: Jun.-Prof. Dr. Christian Albert (albert@umwelt.uni-hannover.de), Dr. Rieke Hansen (hansen@la.rwth-aachen.de), Dr. Barbara Warner (warner@arl-net.de). Für organisatorische Fragen steht der Schriftleiter Prof. Dr. Andreas Klee (klee@arl-net.de) gern zur Verfügung.

Literatur

Albert, C.; Galler, C.; Hermes, J.; Neuendorf, F., von Haaren, C.; Lovett, A. (2016): Applying ecosystem services indicators in landscape planning and management: The ES-in-Planning framework. In: Ecological Indicators 61, 1, 100-113. Doi: 10.1016/j.ecolind.2015.03.029

Albert, C.; Schröter, B.; Haase, D.; Brillinger, M.; Henze, J.; Herrmann, S.; Gottwald, S.; Guerrero, P.; Nicolas, C.; Matzdorf, B. (2019): Addressing societal challenges through nature-based solutions: How can landscape planning and governance research contribute? In: Landscape and Urban Planning 182, 12-21. doi: 10.1016/j.landurbplan.2018.10.003

Albert, C.; von Haaren, C. (2017): Implications of Applying the Green Infrastructure Concept in Landscape Planning for Ecosystem Services in Peri-Urban Areas: An Expert Survey and Case Study. In: Planning Practice and Research 32, 3, 227-242. doi: 10.1080/02697459.2014.973683

de Groot, R.S.; Alkemade, R.; Braat, L.; Hein, L.; Willemen, L. (2010): Challenges in integrating the concept of ecosystem services and values in landscape planning, management and decision making. In: Ecological Complexity 7, 3, 260-272. doi: 10.1016/j.ecocom.2009.10.006

Kopperoinen, L.; Itkonen, P.; Niemelä, J. (2014): Using expert knowledge in combining green infrastructure and ecosystem services in land use planning: an insight into a new place-based methodology. In: Landscape Ecology 29, 8, 1361-1375. doi: 10.1007/s10980-014-0014-2

Nesshöver, C.; Assmuth, T.; Irvine, K.N.; Rusch, G.M.; Waylen, K.A.; Delbaere, B.; Haase, D.; Jones-Walters, L.; Keune, H.; Kovacs, E.; Krauze, K.; Külvik, M.; Rey, F.; van Dijk, J.; Vistad, O.I.; Wilkinson, M.E.; Wittmer, H. (2017): The science, policy and practice of nature-based solutions: An interdisciplinary perspective. In: Science of the Total Environment 579, 1215-1227. doi: 10.1016/j.scitotenv.2016.11.106

von Haaren, C., Albert, C. (Hrsg.) (2016): Ökosystemleistungen in ländlichen Räumen. Grundlage für menschliches Wohlergehen und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Hannover/Leipzig.