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Regionale Wettbewerbsfähigkeit stärken: Die 112. Sitzung der LAG Baden-Württemberg

Die 112. Sitzung der LAG Baden-Württemberg fand am 20./21. März 2014 im Rathaus der Stauferstadt Schwäbisch-Gmünd statt. Hier steht zum 30. April die Landesgartenschau vor der Tür: eine städtebauliche Herausforderung. Mitglieder und Gäste der LAG diskutierten zum Thema „Zukunft des ländlichen Raumes“ die Anforderungen planerischer, demographischer und wirtschaftlicher Entwicklungen an die Teilräume Baden-Württembergs. In den Vorträgen kamen sowohl grundlegende strukturpolitische wie auch kommunalplanerische Themen zur Sprache.

Aktuelle Projekte der Stadtentwicklung wurden vor Ort erläutert (Foto: Warner)

Den ländlichen Raum stützen: Modellvorhaben zur Daseinsvorsorge und Handlungsstategien der Raumentwicklung

Baden-Württembergs Bevölkerung schrumpft – zumindest in einigen vor allem ländlich geprägten Regionen. Am Beispiel Ostwürttembergs verdeutlichte Dirk Seidemann, der stellvertretende Verbandsdirektor des Regionalverbandes Ostwürttemberg, die Herausforderungen an eine künftige nachhaltige Regionalstrategie, die vor dem Hintergrund eines Modellvorhabens der Raumordnung (MORO) zur regionalen Daseinsvorsorge in der der Grenzregion zu Bayern erprobt wird. Schwerpunkte sind hier zum einen die Möglichkeiten der Anpassung der Infrastruktur und der Akteursbeteiligung, die sich auf die Bürger, auf Kommunalvertreter und die Träger der Daseinsvorsorge bezieht: Das Modellvorhaben wird als „kreativer Freiraum“ verstanden. Seit Ende 2013 werden konkrete Umsetzungsprojekte in den Landkreisen gefördert.

Eine zentrale Größe unter dem Vorzeichen des demographischen Wandels ist die Mobilität  bzw. Erreichbarkeit – hiermit beschäftigen sich allein in der Modellregion vier Arbeitsgruppen. Erreichbarkeitsanalysen helfen hier bspw. Defizite auch auf kleinräumigem Maßstab - bspw. für die Schulentwicklung - festzustellen. Anhand verschiedener Szenarien können so in ihrer Erreichbarkeit besonders gefährdete Teilregionen identifiziert werden, in denen nicht mehr zumutbare Wege entstehen könnten. Durch den Diskussionsprozess wurden konkrete Projekte zur Bildung von Gemeinschaftsschulen in der Region angestoßen. Auch ist die Frage der Neu-Organisation des ÖPNV, der zum Teil durch ehrenamtliche Fahrdienste geleistet wird, wesentlich – und die Möglichkeit interkommunaler Kooperation zumindest im Rahmen der Vereinskultur. So wurden konkrete Projekte initiiert, die Akzeptanz des Regionalverbandes bei Bevölkerung und Wirtschaftsakteuren gestärkt und letztendlich ein positiverer Umgang mit dem Demographischen Wandel in der Region befördert.

Auf ländliche Regionen als Bestandteil von Metropolregionen ging Dr. Stefan Köhler als Erster Bürgermeister der Stadt Friedrichshafen in seinem Vortrag zur Stellungnahme des Beirates für Raumentwicklung zu den „Leitbildern und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland“ ein. Wichtig sei die Berücksichtigung der vielfältigen Ausdifferenzierung wachsender und schrumpfender Regionen. Bevölkerungs- und Wirtschaftsprognosen würden hier oft zu pessimistisch angelegt. Das erste Leitbild der Raumentwicklung, die Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit, gilt auch für ländliche Regionen in ihrer Heterogenität, die über ihre Rolle als Tourismusregionen hinaus einen wesentlichen Anteil an der Wirtschaftskraft der Metropolregionen stellen können. Welche Rolle werden also Metropolregionen (nicht „nur“ als Städtenetze) in Zukunft einnehmen? Die kommunalplanerische Herausforderung der Innen- vor Außenentwicklung von Bauflächen wird ebenfalls aufgegriffen, hier entscheiden sich oft die Bürger selbst gegen Nachverdichtung, so dass die Frage im Raum steht, wie die Kommune hier handeln kann.

Prof. Gerd Hager, Verbandsdirektor des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein, leitete die Diskussion auf die Ebene der Landesplanung in der Vorstellung der Kommentierung des Landesplanungsrechtes durch die Regionalverbände. Vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen v.a. aufgrund von Windenergieanlagenplanungen und großflächigem Einzelhandel regte er eine gremienübergreifende Diskussion an, die auch rechtliche Streitfragen und eine unmissverständliche Sprache beinhaltet. Auch vor dem Hintergrund der Förderalismusreform sei festzulegen, welche Rechtsnormen Gültigkeit haben. Prof. Hager schlägt hier eine Anlehnung an die Bundesgesetzte vor und die Prüfung der jeweiligen Änderungen in den Landesgesetzen und plädiert für eine Stärkung der Regionalverbände.

Herausforderungen an Städte und Regionen: Gewerbeflächenentwicklung und regionale Wettbewerbsfähigkeit

Nachhaltige Gewerbeflächenentwicklung und interkommunale Kooperation sind auch bei starkem Nachfragerdruck wichtige Aufgaben der Gemeinden. Hierbei treten jedoch einige Schwierigkeiten auf, die Prof. Alfred Ruther-Mehlis von der Hochschule für Umwelt und Wirtschaft Nürtingen-Geislingen darstellte. So kommt eine große Nachfrage nach Flächen durchaus von Firmen vor Ort (Betriebserweiterungen), jedoch zum weitaus größten Teil aus den Nachbargemeinden. Der Bedarfsnachweis liegt jedoch bei der Gemeinde selbst, was besonders bei Großansiedlungen oft zu Konflikten führt – dem Nachweis liegt außerdem kein standardisiertes Verfahren zugrunde.
Für ein breites Angebot an Flächen für unterschiedliche Anforderungen wie bspw. Reaktionsflächen für lokale Betriebe oder auch Innovationsflächen für Kreativmilieus sind vernetzte Ansätze dringend erforderlich. Die Gemeinden müssten sowohl untereinander als auch mit der regionalen Ebene bezüglich ihres Flächenmonitorings kooperieren, um für die Region eine abgestimmte Bedarfsberechnung durchführen zu können.

Quelle: Präsentation „nachhaltige Gewerbeflächenentwicklung in Baden-Württemberg“  von Prof. Ruther-Mehlis

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anreiz könnte ein sog. „Flächenbonus“ für die interkommunale Erschließung sein. Gerade die gewerbliche Flächenentwicklung wurde intensiv diskutiert – auch mit dem Hinweis, mit Leerständen besser umzugehen und zunächst (bspw.bei Erweiterungen bereits ansässiger Firmen) im Bestand zu entwickeln. Auch die Fragen, wie die Entwicklung des großflächigen Einzelhandels im Gewerbegebiet zu steuern sei und wie bzw. ob Druck auf Unternehmen ausgeübt werden kann, bspw. flächensparend zu bauen, wurden angesprochen – und letztendlich die Frage, wie die Regionalplanug hier überhaupt steuernd eingreifen kann, ohne immer wieder mit der kommunalen Planungshoheit in Konflikt zu geraten.

Eine Stärkung der Stadt- und Regionalentwicklung hat u.a. das Projekt „Regionale Wettbewerbsfähigkeit durch Innovation und Nachhaltigkeit“ (RegioWIN) zum Ziel, das vom ehemaligen Direktor des Regionalverbandes Heilbronn-Franken, Dr. Ekkehard Hein, vorgestellt wurde. Es stellt vor allem die Investition in Wachstum und Beschäftigung in den Fokus und soll die Wettbewerbsfähigkeit der Region mit Hilfe eines Strategie- und eines Entwicklungskonzeptes stärken. Die Stärkung der eigenen Schlüsselbranchen steht hier im Vordergrund. Die Wettbewerbsregionen profilieren sich unterschiedlich mit regionalen innovativen Ansätzen: die Region Südlicher Oberrhein stellt sich bspw. als „Modellregion für Energie- und Klimaschutz“ dar und will als „Sustainable Energy Valley“ auch international sichtbar werden.
Die Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung der Region Stuttgart und wurde beim abschließenden Vortrag von Dr. Jürgen Dispan anhand des aktuellen Strukturberichtes der Region dargestellt. Herausforderungen ergeben sich hier u.a. durch die sich öffnende Schere zwischen den Beschäftigungsangeboten für an- und ungelernte Beschäftigte und denen in wissensintensiven Branchen – hier muss das Erwerbspersonenpotenzial deutlich besser ausgeschöpft werden. Auch hier wurde klar: die Sicherung der Stadtortqualität hängt entscheidend vom intraregionaler Koordination und -kooperation ab!

Auch das „weiche“ Thema der regionalen Lebensqualität kam zur Sprache: Der leitende technische Direktor des Verbandes Region Stuttgart, Thomas Kiwitt, verdeutlichte am Beispiel der Landschaftsentwicklung seiner Region die hohe Relevanz naturnaher Infrastrukturen als Erholungs- und Wirtschaftsräume. Zur Herausforderung, wie Freiraum- und Erholungsqualität und Ökologie in einer Wachstumsregion miteinander koordinierbar sein können, wurde der Landschaftspark Region Stuttgart vorgestellt. Hier stellte sich die Frage, welchen Beitrag die Regionalplanung leisten sollte, um verbindlichen Freiraumschutz umsetzen zu können.

Quelle: Präsentation „Grüne Infrastruktur“ und „Interkommunale Gartenschau“ als Beiträge zur Regionalentwicklung von Thomas Kiwitt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In der anschließenden Mitgliederversammlung wurden Frau Prof. Dr. Christine Hannemann (Institut Wohnen und Entwerfen der Universität Stuttgart) und Dr. Jürgen Dispan (IMU-Institut Blaubeuren) als neue Mitglieder gewählt. Frau Prof. Hannemann stellte im Plenum ihren Werdegang, ihr vielseitiges Forschungsfeld und einige ihrer Publikationen vor.
Zudem wurden die folgenden Mitglieder für fünf weitere Jahre wiedergewählt: Dr. Hany Elgendy, Dr. Wolfgang Jung, Dr. Delef Kron und Dipl.-Ing. Fabian Torns.

Präsentationen zu den Beiträgen