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Reaktivierung von Schienenstrecken als Instrument einer integrierten Raumentwicklung

Leitung:
Axel Priebs
Dep. Administrator:
Volker Stölting
Management Director:
Julia Tarnowsky

Thema des Arbeitskreises

Nachdem zwischen 1955 und 2019 ca. 15.000 km Bahnstrecken in Deutschland stillgelegt wurden, hat es in den letzten Jahrzehnten bundesweit eine Reihe erfolgreicher Beispiele für die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken gegeben. Bundesweit gibt es noch erhebliche Potenziale für die Reaktivierung weiterer Strecken, die aktuell vor dem Hintergrund der Klimakrise und der angestrebten Verkehrswende verstärkt ins Blickfeld rücken. Die Allianz Pro Schiene legte 2020 gemeinsam mit dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) eine Liste mit 238 Strecken und 4.016 km Streckenlänge vor, die zur Reaktivierung vorgeschlagen.

Als Hindernis für die Reaktivierung von Strecken hat sich immer wieder die bisherige Praxis der Standardisierten Bewertung von Verkehrsinvestitionen in den schienengebundenen Nahverkehr erwiesen. Gerade mit Blick auf Schieneninfrastruktur in ländlichen Regionen steht diese (vor allem für Strecken in großstädtischen Ballungsräumen entwickelte) Standardisierte Bewertung schon seit einiger Zeit in der Kritik, weswegen das Bundesministerium für Digitales und Verkehr kürzlich neue Bewertungsmaßstäbe eingeführt hat, bei denen „insbesondere die Faktoren Klima- und Umweltschutz, Verkehrsverlagerung sowie Aspekte der Daseinsvorsorge eine stärkere Gewichtung als bisher“ erfahren sollten. Diese Änderung zeigt auch, dass Streckenreaktivierungen kein rein verkehrsplanerisches Thema sind. Vielmehr sollten die vielfältigen Aspekte der Orts- und Regionalentwicklung stärker gewichtet werden. So betont etwa der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB), dass „gute Bahnanbindungen für attraktive Städte und Gemeinden“ sorgen und „gerade für Berufspendler und Auszubildende eine wirkliche Alternative zum Auto“ darstellen. Hinzu kommen aus Sicht des DStGB „zweifelsfrei Standortvorteile für die Wirtschaft und den Tourismus vor Ort, was ebenfalls zum Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse beiträgt“. Auch die Regierungskommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ hatte den Ländern empfohlen, verstärkt auf die Reaktivierung von Strecken zu setzen.

Arbeitsschwerpunkte und Leitfragen

Im Arbeitskreis wird die Reaktivierung von Schienenstrecken über deren Bedeutung für die Verkehrswende hinaus in ihren Bedingungen, Bedeutungen und Wirkungen für eine integrierte Raumentwicklung betrachtet. Dabei sollen folgende Leitfragen bearbeitet werden:

  • Welchen Beitrag leisten Streckenreaktivierungen zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse?
  • Welchen Beitrag leisten Streckenreaktivierungen zur Verkehrswende im Personen- und Güterverkehr sowie zur Neuausrichtung der Mobilität in den betroffenen Regionen?
  • Welche Impulse werden für ländliche Wohn- und Gewerbestandorte, Tourismus und wirtschaftlichen Entwicklung sowie weitere Aspekte der Regionalentwicklung gesetzt?
  • Inwieweit werden an der Strecke gelegene Grund- und Mittelzentren sowie deren Vernetzung untereinander gestärkt?
  • Welche Impulse bringt die Streckenreaktivierung für die Orts- bzw. Stadtentwicklung im Umfeld reaktivierter Stationen?
  • Welche Erfahrungen bestehen bereits mit der novellierten Standardisierten Bewertung von Schieneninfrastrukturvorhaben und wie sollte diese im Sinne einer integrierten Raumentwicklung weiterentwickelt werden?
  • Wie können Trassen nicht mehr bedienter Strecken durch Raumordnungs- und Eisenbahnrecht für zukünftige Reaktivierungsvorhaben gesichert werden?
  • Welche Hindernisse bestehen in der praktischen Umsetzung von Reaktivierungsvorhaben?

Arbeitsweise und angestrebte Ergebnisse

Der Arbeitskreis ist inter- und transdisziplinär zusammengesetzt und führt unter o.g. Leitfragen praktische und wissenschaftliche Erkenntnisse zusammen. Neben vertieften Einzelergebnissen zu den Forschungsfragen soll besondere Aufmerksamkeit den Querverbindungen zwischen den Themen und einer zusammenfassenden Ergebnisdarstellung geschenkt werden. Zudem werden verschiedene Regionen als Fallbeispiele betrachtet, um die Handlungsebene konkret in den Blick zu nehmen. Die Ergebnisse sollen in einem Forschungsbericht der ARL sowie in Fachzeitschriften dokumentiert werden. Ergänzend dazu wird ein an die politische Öffentlichkeit adressiertes Positionspapier angestrebt.