Länderprofil Brandenburg
1. Übersicht und (geographische) Fakten
Brandenburg liegt im Nordosten Deutschlands und grenzt im Osten an Polen, im Norden an Mecklenburg-Vorpommern, im Westen an Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie im Süden an Sachsen. Gemeinsam mit dem Land Berlin bildet das Land Brandenburg die deutsche Hauptstadtregion. Sie besteht gemäß Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) aus den Strukturräumen Berlin, Berliner Umland und dem Weiteren Metropolenraum. Die drei Strukturräume ergänzen sich mit ihren unterschiedlichen Potenzialen und Besonderheiten.
Im Land Brandenburg leben gut 2,5 Millionen Menschen auf einer Fläche von 29.654 km². Brandenburg ist geographisch eng mit der Bundeshauptstadt Berlin verbunden, in der gut 3,8 Millionen Menschen leben. Im suburbanen Berliner Umland mit seiner Fläche von 2.888 km², in dem auch die Landeshauptstadt Potsdam mit ihren über 187.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt, wurde die Millionengrenze im Jahr 2019 überschritten. Der Weitere Metropolenraum jenseits des Berliner Umlands umfasst 26.766 km² und hat etwa 1,5 Millionen Einwohner/innen. Er weist, ausgehend von den drei Oberzentren Cottbus/Chóśebuz, Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder), Verdichtungsansätze auf, ist aber in weiten Teilen ländlich geprägt. Der Weitere Metropolenraum wies in den Jahren 2017 bis 2021 einen moderaten Bevölkerungsrückgang auf 1,52 Millionen Menschen aus. Für das gesamte Land Brandenburg war eine leichte Bevölkerungszunahme zu verzeichnen.
Dies gilt auch für die gesamte Hauptstadtregion (Berlin und Brandenburg zusammen), die im gleichen Zeitraum um knapp 146.000 Einwohner/innen deutlich gewachsen ist. Die Wanderungsgewinne von in Summe rund 215.000 Menschen waren vierfach höher als das Geburtendefizit. Anders als im Fünfjahreszeitraum zuvor übertraf das Land Brandenburg bei den Wanderungsgewinnen das Land Berlin. Beim Wanderungssaldo besteht jedoch nach wie vor im Land Brandenburg ein teilräumliches Gefälle: Berlinnahe Räume hatten eine positivere Wanderungsbilanz als berlinferne Räume, wobei sich auch in den letztgenannten Gebieten die Wanderungsgewinne erhöht haben.
Brandenburg besteht aus 14 Landkreisen und vier kreisfreien Städten. Von den 409 kreisangehörigen Städten und Gemeinden sind 266 amtsangehörig. Die 50 Ämter bilden die verwaltungsseitige Klammer zwischen solchen Städten und Gemeinden, die ihre rechtliche Selbstständigkeit nicht aufgegeben haben, aber über keine eigenständige Verwaltung mehr verfügen. Das seit dem Jahr 2020 zusätzlich bestehende neue Verwaltungsmodell der „Verbandsgemeinde“ verfügt im Gegensatz zum „Amt“ über direkt demokratisch legitimierte Organe; bisher existiert mit Liebenwerda allerdings nur eine Verbandsgemeinde in Brandenburg. Diese hat sich freiwillig aus vier Städten gebildet mit dem Ziel, die jeweiligen Verwaltungen zusammenzuführen und Aufgaben wie z. B. die Flächennutzungsplanung, den Bau und die Unterhaltung überörtlicher Sozialeinrichtungen oder die Bau- und Personalverwaltung auf die Verbandsgemeinde zu übertragen. Die Verbandsgemeinde sieht sich damit in einer Vorbildfunktion für andere Brandenburger Kommunen.
2. Landesplanung
2.1 Zuständiges Ressort
Es ist deutschlandweit einmalig, dass zwei Bundesländer gemeinsam eine Landesplanungsbehörde betreiben. Die Gemeinsame Landesplanungsabteilung (GL) nimmt seit 1996 die Aufgaben der für Raumordnung zuständigen obersten Behörden der Länder Brandenburg und Berlin wahr. Sie ist zugleich Teil der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen des Landes Berlin und des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg.
Das Land Brandenburg stellt die Leiterin bzw. den Leiter der GL, das Land Berlin ihren oder seinen Ständigen Vertreter bzw. Vertreterin. Das fachliche Weisungsrecht wird von den für Raumordnung zuständigen Mitgliedern der beiden Landesregierungen gemeinsam und einvernehmlich ausgeübt. Die Mitarbeitenden der GL sind Beschäftigte der sie entsendenden Landesverwaltungen. Die Gemeinsame Landesplanungsabteilung hat Dienstsitze in Potsdam, in Frankfurt (Oder) sowie in Cottbus/Chóśebuz.
2.2 Rechtliche Grundlagen
Die wesentlichen raumordnungsrechtlichen Grundlagen in Brandenburg sind neben dem Raumordnungsgesetz (ROG) des Bundes der „Vertrag über die Aufgaben und Trägerschaft sowie Grundlagen und Verfahren der gemeinsamen Landesplanung zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg“ (Landesplanungsvertrag) und das „Gesetz zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung“ (RegBkPlG). Im Landesplanungsvertrag werden Aufgaben und Trägerschaft der gemeinsamen Landesplanung ebenso geregelt wie u. a. die Instrumente und Verfahren der Landesplanung, die Zusammenarbeit in der Regionalplanung, die Sicherung der Raumordnung sowie die planvorbereitenden und -begleitenden Instrumente (z. B. Raumordnungskataster und -bericht). Das brandenburgische RegBkPlG regelt die organisatorischen und instrumentellen Aspekte der Regionalplanung sowie die Braunkohlen- und Sanierungsplanung.
2.3 Formelle Instrumente der Landesplanung
In Brandenburg und Berlin sind das Landesentwicklungsprogramm 2007 (LEPro), der Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) sowie der Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) in Kraft.
Im LEPro als übergeordnetem Rahmen der gemeinsamen Landesplanung wurden eine polyzentrale und nachhaltige Entwicklung der Hauptstadtregion und eine Stärkung der vielfältigen Teilräume Brandenburgs verankert. Das LEPro enthält raumordnerische Grundsätze zur zentralörtlichen Gliederung, zu einer nachhaltigen Siedlungs-, Freiraum- und Verkehrsentwicklung sowie zur Entwicklung der Kulturlandschaften.
Der LEP HR aus dem Jahr 2019 trifft als überörtliche und zusammenfassende Planung konkretisierende Regelungen zur räumlichen Ordnung des Gesamtraumes in Form von Zielen und Grundsätzen der Raumordnung für Berlin und alle Teilräume Brandenburgs. Er enthält zudem Aufträge an die Regionalplanung in Brandenburg. So wird u. a. durch den LEP HR die Entwicklung des großflächigen Einzelhandels auf Zentrale Orte konzentriert. Neben dem Ziel Z. 3.1, dass „die Funktionen der Grundversorgung in allen Gemeinden abgesichert werden“ sollen, sieht der LEP HR zur räumlichen Ordnung der übergemeindlich wirkenden Daseinsvorsorge die abschließende Festlegung für ein flächendeckendes System Zentraler Orte mit drei Stufen (Metropole, Oberzentren, Mittelzentren) vor. Es ist eine Besonderheit im bundesweiten Vergleich, dass in Brandenburg keine Grund- oder Unterzentren festgelegt werden. Allerdings sollen Ortsteile, in denen sich wichtige Funktionen der überörtlich wirkenden Daseinsvorsorge räumlich konzentrieren, durch die Regionalplanung als Grundfunktionale Schwerpunkte (GSP) festgelegt werden, die als zusätzliche Siedlungsschwerpunkte entwickelt werden können.
Berlin, die Städte Brandenburgs und Gemeinden des Berliner Umlandes mit leistungsfähiger Schienenanbindung (sog. Gestaltungsraum Siedlung) sowie die Zentralen Orte des Weiteren Metropolenraumes sind im LEP HR als Schwerpunkte der Wohnsiedlungsflächenentwicklung festgelegt. Die Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen im übrigen Raum soll vorrangig im Rahmen der Innenentwicklung und zusätzlich über eine Entwicklungsoption von einem Hektar je 1.000 Einwohner für die Sicherung des örtlichen Bedarfes (Eigenentwicklung) ermöglicht werden. Dies folgt dem Primat einer nachhaltigen Raumentwicklung und einer Stärkung der Zentralen Orte.
Eine weitere Besonderheit der Raumordnung in Berlin und Brandenburg ist ein rein multifunktionaler Ansatz bei der Kategorie des Freiraumverbundes. In diesem werden Freiräume mit besonders hochwertigen Funktionen räumlich vernetzt und gesichert. Weitere Planinhalte betreffen z. B. Verkehrskorridore und -verbindungen und – in Fortführung vorhergehender Regelungen – die eigenverantwortliche Gestaltung kulturlandschaftlicher Handlungsräume durch regionale Akteursnetzwerke (vgl. Gailing 2014).
Der LEP HR besteht rechtlich gesehen aus zwei gleichlautenden Rechtsverordnungen der Landesregierungen Brandenburg und Berlin. Er besteht aus einer Festlegungskarte im Maßstab 1 : 300.000 und einem textlichen Teil mit Begründungen sowie einem Umweltbericht.
Von den 1990er Jahren bis zu seiner Eröffnung im Jahr 2020 befasste sich die GL mit der Standortsicherung des Berliner Flughafens. Aufgabe des LEP FS aus dem Jahr 2006 war die Zielfestlegung, sowohl den Flughafen Berlin-Schönefeld als alleinigen Standort für den nationalen und internationalen Luftverkehr zu entwickeln als auch die für das Ausbauvorhaben notwendigen Flächen zu sichern. Der LEP FS enthält planerische Festlegungen zur Sicherung der Flughafenfläche, zu übergeordneten Trassen und Korridoren der Verkehrsanbindung über Straße und Schiene sowie eine Planungszone zur Siedlungsbeschränkung und zur Bauhöhenbeschränkung. Der LEP FS ist nach wie vor in Kraft, allerdings entfaltet er durch das auf dieser Grundlage durchgeführte Planfeststellungsverfahren für den Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) keine besondere Relevanz mehr.
Eine weitere Spezifik der Brandenburger Raumordnung sind Braunkohlen- und Sanierungspläne in der Lausitz. Braunkohlenpläne werden für die Bereiche der Braunkohlengewinnung aufgestellt, Sanierungspläne für die Bereiche, in denen die aktive Braunkohlengewinnung eingestellt wurde. In diesen ebenfalls als Rechtsverordnungen des Landes erlassenen Plänen werden jeweils Grundsätze und Ziele der Raumordnung festgelegt. Die Aufstellung und Änderung der Pläne wird von einem Braunkohlenausschuss begleitet, der eine Mitwirkung und regionale Willensbildung sicherstellen soll.
Darüber hinaus ist die GL als Landesplanungsbehörde für die Durchführung von Raumverträglichkeitsprüfungen sowie Zielabweichungs- und Untersagungsverfahren zuständig. Als Trägerin öffentlicher Belange nimmt sie zu Bauleitplanverfahren, Fachplanungsverfahren und Zulassungsverfahren in beiden Ländern Stellung.
2.4 Besondere informelle Instrumente und Formate der Landesentwicklung
Die Erarbeitung gemeinsamer Struktur- und Entwicklungskonzepte ist ebenfalls eine Aufgabe der GL. Im Bereich der Raumentwicklung haben sich dementsprechend unterschiedliche Formen der Kooperation etabliert. Zwei Beispielformate werden im Downloadbereich (siehe Kapitel 6) dargestellt: die Entwicklung von Regionalparks sowie die Tesla-Umfeldentwicklung.
Aus der Fülle weiterer Aktivitäten wie der Rahmenplanung im entstehenden Lausitzer Seenland der Brandenburger Lausitz und einer Vernetzungskampagne zum Aufbau von Zukunftsorten im ländlichen Raum sei hier hingewiesen auf die Unterstützung einer institutionalisierten Kooperation im Rahmen der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft (KAG) Dialogforum Airport Berlin Brandenburg. In dieser sind seit 2018 drei Berliner Bezirke, zwölf Gemeinden und Städte Brandenburgs sowie drei Landkreise vertreten, um die Entwicklung im Umfeld des Flughafens zu gestalten. Im Fokus stand beispielsweise die Erarbeitung eines Gemeinsamen Strukturkonzeptes Flughafenregion Berlin-Brandenburg einschließlich eines gemeinsamen Leitbildes.
Unter Federführung der Staatskanzlei werden in Brandenburg seit 2021 mit einer Regionalentwicklungsstrategie (Landesregierung Brandenburg 2021) unter dem Motto „Stärken verbinden“ Impulse für die Entwicklung insbesondere ländlich geprägter Regionen gebündelt. Ansatz ist es, ausgehend vom Gestaltungsraum Siedlung des LEP HR Impulse für die Landesentwicklung entlang von Entwicklungsachsen bis an die äußeren Landesgrenzen zu setzen. Dies soll ein Ausgangspunkt für Dialog- und Kooperationsprozesse werden, in denen sich regionale Schlüsselakteure (regionale Wachstumskerne, LEADER-Aktionsgruppen, Landkreise und regionale Planungsstellen) auf gemeinsame Ziele und Schlüsselprojekte verständigen. Eine Ausnahme bildet die Brandenburger Lausitz, denn hier existiert mit der Wirtschaftsregion Lausitz GmbH bereits eine Landesstrukturentwicklungsgesellschaft, die mit der Durchführung eines Werkstattprozesses vor allem zur Umsetzung der Strukturförderung im Rahmen der Bewältigung der Folgen des Kohleausstiegs betraut ist.
3. Regionalplanung
3.1 Organisationsform und Institutionen
In Brandenburg sind fünf Regionale Planungsgemeinschaften (RPG) Träger der Regionalplanung. Mit dem Gesetz zur Einführung der Regionalplanung und der Braunkohlen- und Sanierungsplanung (RegBkPlG) vom 18. Mai 1993 hat das Land Brandenburg diese Regionen gebildet und die Aufgaben der Träger der Regionalplanung, ihrer Organe und deren Zuständigkeiten sowie die Finanzierung geregelt. Die RPG sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Regionen erstrecken sich „tortenstückartig“ von der Berliner Landesgrenze bis zur äußeren Landesgrenze Brandenburgs, auch um Verantwortungsgemeinschaften zwischen dem Berliner Umland und peripheren ländlichen Teilräumen zu ermöglichen.
Die Regionalplanung wird durch die RPG als staatliche Aufgabe im übertragenen Wirkungskreis wahrgenommen. Mitglieder sind die Kreise und kreisfreien Städte in der jeweiligen Region. Das Brandenburger Modell der Regionalplanung ist folglich kommunal verankert (Priebs 2018). Die Regionalversammlung ist beschließendes Organ der jeweiligen RPG. Jede Region verfügt über eine Regionale Planungsstelle, deren Beschäftigte von der RPG angestellt werden. Die Regionale Planungsstelle erarbeitet die Regionalpläne und legt sie der Regionalversammlung zur Beschlussfassung vor.
3.2 Formelle Instrumente der Regionalplanung
Die Regionalpläne werden in Brandenburg gemäß § 2 Abs. 4 RegBkPlG von der jeweiligen Regionalen Planungsgemeinschaft als Satzung erlassen. Genehmigt wird die Satzung durch die GL, die auch die Aufsicht über die RPG führt. Die GL erlässt außerdem Richtlinien über die Inhalte und deren Darstellung in Regionalplänen sowie über das Verfahren bei Aufstellung, Fortschreibung, Änderung und Ergänzung der Regionalpläne. Die „Richtlinie der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg für Regionalpläne“ wurde 2019 aktualisiert und 2022 in Bezug auf die Festlegungen von Gebieten für die Windenergienutzung geändert. In ihr wird auch der Maßstab der Regionalpläne (1 : 100.000) festgelegt.
Brandenburg ist das einzige Bundesland, in dem derzeit kein integrierter Regionalplan in Kraft ist; einige befinden sich aber im Aufstellungsprozess. Daneben existieren sachliche Teilregionalpläne. So haben alle fünf Träger der Regionalplanung einen Teilregionalplan zu „Grundfunktionalen Schwerpunkten“ (s. o.) erarbeitet, damit diese besonders gut mit Einrichtungen der Grundversorgung ausgestatteten Ortsteile von Gemeinden zusätzlich Flächen für Wohnsiedlungen und großflächigen Einzelhandel entwickeln können. In zwei Planungsregionen liegen zudem Teilregionalpläne zur Sicherung oberflächennaher Rohstoffe vor. Um Festlegungen von Gebieten für die Windenergienutzung zu treffen, werden derzeit Teilregionalpläne in vier Planungsregionen erarbeitet; in Uckermark-Barnim erfolgt dies als Teil der Aufstellung des integrierten Regionalplans.
3.3 Besondere informelle Instrumente und Formate der Regionalentwicklung
Aufgaben der Regionalentwicklung oder des Regionalmanagements gehören nicht zu den Pflichtaufgaben einer RPG; sie kann aber mit Zustimmung der Landesplanungsbehörde weitere Aufgaben im Zusammenhang mit der Regionalplanung übernehmen.
Besonders hervorzuheben ist die Aufgabe des regionalen Energiemanagements. Bis 2013 erarbeiteten die fünf Regionalen Planungsstellen ein entsprechendes Konzept für die jeweilige Region. Die flächendeckende und zeitgleiche Erstellung von Regionalen Energiekonzepten im Land Brandenburg ist vorbildhaft. Die mittlerweile bei den RPG angestellten Energiemanager setzen mit regionalen Akteuren die Regionalen Energiekonzepte um. Davon profitiert auch die formelle Regionalplanung, die nicht nur aktuelle Datengrundlagen, sondern auch positiv besetzte Kommunikationspfade nach außen nutzen kann, ohne nur mit strittigen Flächenfragen identifiziert zu werden (Gailing/Overwien/Plehn et al. 2021). Es werden Projekte in den Bereichen Energieeffizienz und -einsparung sowie erneuerbare Energien durchgeführt und die Kommunen bei der Erarbeitung und Umsetzung kommunaler Energiekonzepte unterstützt.
Neben den RPG, die als Akteure bei der Umsetzung der Regionalentwicklungsstrategie des Landes beteiligt sind (s. o.), sind weitere regionale Akteure in der kooperativen Regionalentwicklung tätig. Zu nennen sind hier u. a. die 14 LEADER-Regionen, die 15 regionalen Wachstumskerne, von denen einige interkommunal organisiert sind, sowie die 15 Großschutzgebiete (ein Nationalpark, drei Biosphärenreservate und elf Naturparke) des Landes.
4. Grenzüberschreitende Raumplanung (bundesländer- oder staatenübergreifende Planung)
Wie oben dargestellt besteht auf der Grundlage des Landesplanungsvertrags eine bundesweit einzigartige formalisierte gemeinsame Landesplanung der Länder Berlin und Brandenburg mit einem gemeinsamen Landesentwicklungsprogramm und einem gemeinsamen Landesentwicklungsplan sowie einer Gemeinsamen Landesplanungsabteilung. Dies entspricht der engen räumlichen und strukturellen Vernetzung in der Hauptstadtregion.
Die Länder Berlin und Brandenburg haben sich zudem gemäß Artikel 6 Landesplanungsvertrag auf die Konstituierung einer gemeinsamen Landesplanungskonferenz (PLAKO) verständigt. Sie hat die Aufgabe, die landesplanerische Abstimmung und Zusammenarbeit zur Vorbereitung der Regierungsentscheidungen im Politikfeld Raumordnung und Landesplanung zu koordinieren. Ständige Mitglieder sind der Regierende Bürgermeister von Berlin und der Ministerpräsident des Landes Brandenburg als Vorsitzende sowie die Kanzleichefs beider Länder, die für Raumordnung zuständigen Regierungsmitglieder als stellvertretende Vorsitzende sowie weitere Fachminister beider Länder. Die Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg führt die Geschäftsstelle der PLAKO.
Die enge Zusammenarbeit von Brandenburg und Berlin auf unterschiedlichen Ebenen in Politik und Verwaltung zeigt sich auch seit 2021 im „Strategischen Gesamtrahmen Hauptstadtregion“, der auch viele raumbezogene Politikfelder tangiert. Impulse für die gemeinsame Regionalentwicklung sollen über Themen wie die Entwicklungs- und Innovationsachsen, die gemeinsame Stärkung des Umweltverbunds im Verkehr oder integrierte Wasserressourcenmanagementkonzepte gesetzt werden. Zudem ist die Hauptstadtregion eine von elf Europäischen Metropolregionen in Deutschland, die von der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) festgelegt wurden, und Mitglied im Initiativkreis Europäische Metropolregionen in Deutschland. Ferner ist sie Mitglied bei METREX, dem Netzwerk europäischer metropolitaner Städte und Regionen.
Eine gemeinsame Regionalplanung mit Berlin (oder einem der anderen benachbarten Bundesländer) existiert nicht. Umso bedeutsamer ist die freiwillige Abstimmung und interkommunale Zusammenarbeit der Berliner Bezirke, der Städte, Gemeinden und Landkreise Brandenburgs untereinander und mit weiteren regionalen Partnern in einem Kommunalen Nachbarschaftsforum (KNF), das als Verein organisiert ist und von einer Geschäftsstelle begleitet wird.
Ziel des KNF ist es, im Kernraum der Hauptstadtregion zu einer gemeinsamen und Ländergrenzen übergreifenden Entwicklung insbesondere in den Themenfeldern Verkehr, Wohnen und Siedlungsentwicklung, Freiräume, Wirtschaft, Wasser und soziale Infrastruktur beizutragen. Die Zusammenarbeit erfolgt in räumlichen Arbeitsgemeinschaften (Nord, Ost, Süd, West) und in thematischen Anliegengruppen. So hat das KNF beispielsweise eine Wohnbaupotenzialstudie als eine wichtige gemeinsame Datengrundlage erarbeitet.
Grenzüberschreitende Raumentwicklung spielt auch in der Zusammenarbeit mit dem Nachbarstaat Polen eine große Rolle. Bedeutsam ist hierbei die Kooperation im Ausschuss für Raumordnung der Deutsch-Polnischen Regierungskommission für regionale und grenznahe Zusammenarbeit, in dem die GL für die Länder Berlin und Brandenburg mitwirkt. Die GL hatte auch eine aktive Koordinationsfunktion bei der Erstellung des „Gemeinsamen Zukunftskonzeptes für den deutsch-polnischen Verflechtungsraum – Vision 2030“ inne und sitzt der AG Umsetzung für das Dokument vor. 2019 wurde zudem eine deutsche Geschäftsstelle der Metropolregion Stettin in Anklam eingerichtet, die von den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg gemeinsam getragen wird.
Darüber hinaus wurde im Jahr 2019 mit der sogenannten Scandria®Allianz eine dauerhafte Kommunikations- und Kooperationsplattform in den Bereichen Verkehr und Raumentwicklung entlang einer Nord-Süd-Achse von Skandinavien bis zur Adria aufgebaut. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten neben der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg Städte und Regionen aus Finnland, Schweden und Norwegen. Den Vorsitz der Scandria®Allianz hat seit ihrer Gründung die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg inne, vertreten durch den Minister für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg. Ziel ist die politisch-strategische Forcierung der Nord-Süd-Achse sowie die Stärkung der Anbindung und Wettbewerbsfähigkeit der Regionen entlang des Scandria®Korridors. Hierzu erfolgt eine Zusammenarbeit mit der Europäischen Union (EU), den Mitgliedstaaten, den Städten und Regionen und anderen relevanten Interessenträgern. Mit gemeinsamen Positionspapieren sowie hochrangigen Veranstaltungen konnten sich die Allianzmitglieder wiederholt in aktuelle europäische Debatten zur Verkehrspolitik und Raumentwicklung einbringen. Hervorzuheben ist insbesondere das Engagement des Netzwerks im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Verordnung über Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) in den Jahren 2022 bis 2024.
5. Länderspezifische Besonderheiten der Bauleitplanung
Besonderheiten bestehen in Bezug auf die Verbandsgemeinden, da hier nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 VgMvG nicht die Ortsgemeinde für die Aufstellung des Flächennutzungsplans zuständig ist, sondern die Verbandsgemeinde für ihr gesamtes Gebiet. In den Ämtern übernehmen die Amtsverwaltungen die Durchführung der Verfahren der Bauleitplanung im Auftrag der einzelnen amtsangehörigen Gemeinden, die weiterhin politisch verantwortlich bleiben.
Das Land Brandenburg unterstützt die brandenburgischen Kommunen bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen seit 2021 über eine Planungsförderrichtlinie. Mit ihr unterstützt das Land seit 2021 die brandenburgischen Kommunen bei Planungen für neue Wohnungen, wirtschaftliche Ansiedlungen sowie Verkehrs- und Klimaschutzprojekten. Die kommunale Bauleitplanung (Flächennutzungs- und Bebauungsplanung) ist Voraussetzung für eine integrierte städtebauliche Entwicklung der Städte und Gemeinden im Land Brandenburg. Darüber hinaus ist es ein wesentliches Ziel, die kommunale Selbstverwaltung und die damit verbundene örtliche Planungshoheit zu stärken.
6. Downloadbereich
6.1 Praxisbeispiele
Als Praxisbeispiele werden die Entwicklung von Regionalparks sowie die Tesla-Umfeldentwicklung näher vorgestellt.
Entwicklung von Regionalparks
Gemäß Grundsatz 4.1 des LEP HR sollen Kulturlandschaften auf regionaler Ebene identifiziert und weiterentwickelt werden. Dafür werden u. a. in von starkem Nutzungswandel betroffenen suburbanen Räumen Ansatzpunkte gesehen. Regionalparks werden seit dem Ende der 1990er Jahre in den länderübergreifenden Freiräumen zwischen den Siedlungsachsen von Berlin bis nach Brandenburg entwickelt. Durch Kooperationen sind dort sieben Regionalparks entstanden, in denen sich Akteure gemeinsam für Freiräume, Naherholung und kulturlandschaftsorientierte Regionalentwicklung engagieren. Jeder Regionalpark arbeitet und organisiert sich als Netzwerk eigenständig, oftmals fungiert ein Regionalparkverein oder Landschaftspflegeverband als Träger. Sie sind in einem Dachverband organisiert und bundesweit in der „Konferenz der Regionalparks und Grünen Ringe“ (KORG) vernetzt. Als zentrales Leitbild für die stadtnahen Kulturlandschaften der Regionalparkregionen in Brandenburg und Berlin dient ein sogenannter „Masterplan Grün“.
Links:
https://www.regionalparks-brandenburg-berlin.de
Tesla-Umfeldentwicklung
Im Jahr 2019 fiel die Entscheidung für den Bau der Tesla-Gigafactory an einem Standort im Ortsteil Freienbrink der Gemeinde Grünheide (Mark). Um eine strategisch kluge Siedlungsentwicklung im Umfeld der Gigafactory zu unterstützen, hat die GL unter Beteiligung von 22 Brandenburger Kommunen und dem Berliner Bezirk Treptow-Köpenick einen gemeinsamen Kooperationsraum gebildet. Von Mai 2020 bis März 2021 wurde gemeinsam das „Landesplanerische Konzept zur Entwicklung des Umfeldes der Tesla-Gigafactory Berlin-Brandenburg in Grünheide (Mark)“ erarbeitet. Im Rahmen des Konzeptes wurde erstmals untersucht und abgeschätzt, wie viele Menschen in den kommenden Jahren in die Region ziehen und welche Orte im Fokus der Zuzüge stehen könnten. Das Konzept ist eine wichtige Grundlage für die Umsetzung zukünftiger wohnbaulicher Maßnahmen sowie für die Entwicklung neuer Gewerbeflächen infolge der durch die Ansiedelung von Tesla ausgelösten Wachstumseffekte. Seit dem Abschluss der Arbeiten am Konzept berät die GL die betreffenden Kommunen bezüglich der weiteren Konkretisierung und Umsetzung fortlaufend. Zudem finden halbjährlich Abstimmungstreffen der GL mit allen Kommunen statt, um die weiteren Entwicklungen zu begleiten.
Link: https://gl.berlin-brandenburg.de/raumentwicklung/tesla-umfeldentwicklung/
6.2 Anhänge
Landesentwicklungsprogramm 2007
Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) vom 29. April 2019
https://gl.berlin-brandenburg.de/
https://havelland-flaeming.de/
https://www.prignitz-oberhavel.de
https://www.rpg-oderland-spree.de/
https://www.region-lausitz-spreewald.de/
Literatur
- Gailing, L. (2014): Kulturlandschaftspolitik: Die gesellschaftliche Konstituierung von Kulturlandschaft durch Institutionen und Governance. Detmold. = Planungswissenschaftliche Studien zu Raumordnung und Regionalentwicklung 4.
- Gailing, L.; Overwien, P.; Plehn, M.; Gaasch, N.; Lewerentz, H.; Riechel, R.; Bues, A.; Naumann, M.; Hoffmann, J. (2021): Regionale Steuerung der Energiewende in Nordostdeutschland – Innovationen im Planungssystem? Hannover. = Forschungsberichte der ARL 17.
- Landesregierung Brandenburg (2021): Regionaler Zusammenhalt in Brandenburg. Eckpunkte der Regionalentwicklungsstrategie. Potsdam.
- Priebs, A. (2017): Der Aufbau der Gemeinsamen Landesplanung Berlin/Brandenburg. In: Weith, T.; Strauß, C. (Hrsg.): „Im Plan oder ohne Plan?“. Raumplanung in (Ost-)Deutschland seit 1989/90. Münster/New York, 35-45.
- Priebs, A. (2018): Regionalplanung. In: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Handwörterbuch der Stadt- und Raumentwicklung. Hannover, 2047-2062.
- Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen; Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung (Hrsg.) (2023): Raumordnungsbericht 2023. Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg. Potsdam.
Rechtsquellen
- Gesetz zur Einführung der Verbandsgemeinde und der Mitverwaltung (Verbandsgemeinde- und Mitverwaltungsgesetz - VgMvG) vom 15. Oktober 2018 (GVBl.I/18, [Nr. 22], S.2), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 30. Juni 2022 (GVBl.I/22, [Nr. 18], S.7).
- Gesetz zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung (RegBkPlG) in der Fassung vom 8. Februar 2012 (GVBl. I Nr. 13), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. April 2019 (GVBl. I Nr. 11).
- Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) vom 18. Dezember 2007
(GVBl.I/07, [Nr. 19], S.286), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 30. Juni 2022 (GVBl.I/22, [Nr. 18], S.6). - Richtlinie des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von gemeinsamer Flächennutzungsplanung, Bebauungsplänen und planerischer Maßnahmen der Landesentwicklung sowie der Projektkoordination/dem Projektmanagement von Planungsprozessen im Land Brandenburg (Planungsförderungsrichtlinie 2023 - PFR 2023), (ABl./23, [Nr. 17], S.430).
- Raumordnungsgesetz (ROG) vom 22.12.2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes und anderer Rechtsquellen vom 22. März 2023 (BGBl. I S. 1).
- Richtlinie der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg für Regionalpläne vom 21. November 2019 (ABl./19, [Nr. 49], S.1351), geändert durch Erlass der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg vom 14. Dezember 2022 (ABl./22, [Nr. 51], S.1015).
- Vertrag über die Aufgaben und Trägerschaft sowie Grundlagen und Verfahren der gemeinsamen Landesplanung zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg (Landesplanungsvertrag); Berlin : in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 2011 (GVBl. 2012 S. 2); Brandenburg : in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Februar 2012 (GVBl. I Nr. 14), zuletzt geändert durch Sechsten Staatsvertrag (Artikel 1 des Gesetzes vom 14. Mai 2024) vom 15. März 2024 (GVBl.I/24, Nr. 20), S. 1, GVBl.I/24, Nr. 20, S. 5).
Bildquellen
- Abbildung 1: Land Brandenburg (mit Berlin) mit administrativer Gliederung und System Zentraler Orte / Quelle: © Landesamt für Bauen und Verkehr (Land Brandenburg), Raumbeobachtung
- Abbildung 2: Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (Festlegungskarte) / Quelle: Gemeinsame Landesplanungsabteilung 2019
- Abbildung 3: Karte der fünf Regionalen Planungsgemeinschaften / Quelle: © Landesamt für Bauen und Verkehr (Land Brandenburg), Raumbeobachtung
- Abbildung 4: Regionalparks rund um Berlin im Masterplan Grün /
Quelle: bgmr Landschaftsarchitekten GmbH, © Dachverband der Regionalparks in Brandenburg und Berlin e. V., https://www.regionalparks-brandenburg-berlin.de/projekte/masterplan-gruen-berlin-brandenburg/ - Abbildung 5: Wohnbaupotenzialflächen im Kooperationsraum Tesla-Umfeldentwicklung / Quelle: © Landesamt für Bauen und Verkehr (Land Brandenburg), Raumbeobachtung
- Tabelle 1: Grundlagendaten zum Bundesland / Quelle: Statistisches Bundesamt
Autor/Autorin
Ludger Gailing, Prof. Dr., Brandenburgische Technische Universität Cottbus – Senftenberg, Professur und Fachgebietsleitung Regionalplanung
Manuela Hahn, Dipl.-Ing., Abteilungsleiterin Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg
Dieser Text ist in enger Zusammenarbeit mit dem ARL-Länderprofil Berlin entstanden. Aufgrund der organisatorischen, räumlichen und funktionalen engen Verbindung der beiden Bundesländer sind einzelne Textteile ähnlich bzw. im gleichen Wortlaut verfasst. Wir danken dem Kollegium für die Kooperation bei der Erstellung der beiden Länderprofile.
Zusammenfassung
Das Länderprofil für Brandenburg ist eine systematisierte, grundlagenorientierte Beschreibung zur dortigen Raumordnung und Raumentwicklung. Es beginnt mit einer geographischen und administrativen Einordnung. Anschließend werden die Organisationsform und die formellen und informellen Instrumente der Landesplanung sowie der Regionalplanung und besondere Formate der Landes- und Regionalentwicklung dargestellt. Ebenso werden grenzüberschreitende Aspekte sowie länderspezifische Besonderheiten der Bauleitplanung beschrieben. Anhand von Verlinkungen und Praxisbeispielen werden weiterführende Materialen und Informationen bereitgestellt.