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Nimm‘s sportlich – Planung als Hindernislauf

Jahrestagung des Jungen Forums der ARL

Planung als Hindernislauf: Damit ist sehr treffend die Situation der räumlichen Planung in Deutschland und das „Schicksal“ vieler Planender charakterisiert. Grund genug für das Junge Forum, die Jahrestagung 2013 den gegenwärtigen Problemen und Herausforderungen der räumlichen Planung zu widmen. Das Treffen fand in Kaiserslautern statt, wo knapp 60 Mitglieder des Jungen Forums zusammenkamen und intensiv diskutierten.
Worum ging es? Die Raumplanung hat einen anspruchsvollen Gestaltungs- und Koordinationsauftrag. Dabei werden die Aufgaben der Planerinnen und Planer sowie die Anforderungen an Planung zunehmend komplexer. Planende stoßen in ihrer Arbeit immer wieder auf Hemmnisse und Widerstände und erreichen dabei nicht selten die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit. Grenzen stellen jedoch zumeist keine Endpunkte, sondern Schwellen zu Neuland dar. Auf der Tagung ging es deswegen darum herauszufinden, wie bestehende Grenzen und Hindernisse (in) der Planung in verschiedenen Dimensionen und Bereichen überwunden werden können. Folgende Fragen standen im Zentrum: Wie können neue Wege in der Planung beschritten werden? Wie kann Planung handlungsfähig bleiben? Was muss sich ändern, und wie kann Planung die vorhandenen Grenzen und Hindernisse für sich nutzen?

Grenzen und Hindernisse in der Planung – wie können sie überwunden werden?

Prof. Dr. Klaus Selle von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen machte in seinem Vortrag über „Chancen und Grenzen der Beteiligung“ deutlich, dass die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, beispielsweise bei der Planung öffentlicher Räume in Stadtquartieren oder großer Infrastrukturmaßnahmen, absolut notwendig und wichtig ist. Es komme aber immer auf das „Wie“ der Beteiligung an. Selle plädierte für eine „multilaterale Kommunikation“. Planende müssten sich außerdem von der Vorstellung verabschieden, dass durch eine gut organisierte und gut gemeinte Beteiligung alle Probleme gelöst würden. Auch Bürgerbeteiligung stößt an Grenzen, so Selle. Diese zu kennen und zu akzeptieren sei ein wichtiger Punkt in Planungsprozessen.
Prof. Dr. Hans-Jürgen Seimetz, Präsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Neustadt an der Weinstraße, zeigte wie „Grenzen und Hindernisse im Raum überwunden“ werden können. Als Beispiel führte er zwei erfolgreich verlaufende Planungsprojekte an: die interkommunale Vereinbarung zur Steuerung der Einzelhandelsentwicklung und die trinationale Metropolregion Oberrhein. Zugleich machte er jedoch deutlich, wie wiederkehrende Probleme Prozesse verzögern oder konterkarieren können.
Über „Grenzen der räumlichen Anpassungsfähigkeit“ referierte der Oberbürgermeister der Stadt Pirmasens, Dr. Bernhard Matheis. Er schilderte sehr eindrucksvoll die Entwicklung der peripher, nahe der französischen Grenze gelegenen Stadt von einer Garnison mit Exerzierplätzen über die aufstrebende, blühende und niedergehende Schuhindustrie mit zeitweise 350 Schuhfabriken in den 1960er Jahren bis hin zum Prozess der wirtschaftlichen Umstrukturierung. Planen heißt in Pirmasens heute vor allem, Antworten auf die Herausforderungen des Strukturwandels und des starken Bevölkerungsrückgangs zu finden, so Matheis. Dies sei keine einfache Aufgabe, für die Zukunftsfähigkeit der Stadt jedoch unerlässlich.
Als Abschluss der Einführungsvorträge stellte Martin Orth vom Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Rheinland Pfalz die Instrumente der Landes- und Regionalplanung in Rheinland-Pfalz vor. Er skizzierte die aktuellen Herausforderungen der Planung, wie beispielsweise Klimaschutz, Energiewende, demografischen Wandel und den Umgang mit Wohnungsleerständen in ländlichen Räumen.

Diskussion in den Arbeitsgruppen

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung kamen am zweiten Tag in vier themenspezifischen Arbeitsgruppen zusammen.

Die erste Arbeitsgruppe widmete sich den „Chancen und Grenzen der Beteiligung“. Hierbei ging es insbesondere darum, welche Faktoren zu einer erfolgreichen Bürgerbeteiligung führen und welche Aspekte deren Erfolg hemmen, welche Strategien und Maßnahmen notwendig sind, um möglichst viele Menschen an den Planungsprozessen zu beteiligen, und wie Bürgerinnen und Bürger zu zivilgesellschaftlichem Engagement motiviert werden können.

Arbeitsgruppe 2 („Grenzen und Hindernisse im Raum überwinden“) ging der Frage nach, wie sich Grenzen auf die räumliche Entwicklung auswirken und welche Herausforderungen sich in diesem Zusammenhang an die Planung stellen. Es ging unter anderem darum, wie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit – z. B. in Metropolregionen oder im Rahmen von makroregionalen Kooperationen – gewinnbringend definiert und organisiert werden kann.

Die dritte Arbeitsgruppe diskutierte die Grenzen der räumlichen Anpassungsfähigkeit. Nicht nur aufgrund von zunehmenden Schrumpfungs- und Alterungstendenzen in Deutschland sind Anpassungsstrategien sowie deren Verankerung in der Praxis notwendig. Wo aber liegen die Grenzen der Anpassungsfähigkeit der bestehenden Strukturen? Wie viel Schrumpfung kann ein Raum vertragen? Braucht es Strategien eines „geordneten Rückzugs“ oder kann das Postulat der „gleichwertigen Lebensverhältnisse in allen Teilräumen“ aufrechterhalten werden? Ferner wurde diskutiert, wie die Planung mit dem Spagat zwischen den gegenläufigen Entwicklungen in ländlichen und verdichteten Regionen umgehen kann und muss.

Im Fokus der vierten Arbeitsgruppe standen die Planungsinstrumente. Die übergeordnete Frage lautete, ob die Instrumente ein Hindernis oder einen Wegbereiter für die Lösung von Planungsproblemen darstellen. Konkret ging es darum, welche Grenzen bei der Anwendung formeller Instrumente zur Umsetzung planerischer Konzepte und Ideen existieren und wie diese Grenzen gegebenenfalls überwunden werden können. Aber auch die informellen Instrumente wurden betrachtet unter der Fragestellung, ob man mit ihnen besser zum Planungsziel kommt und wie fehlende Verbindlichkeiten im Rahmen dieser Instrumente überwunden werden können.
Die Jahrestagung des Jungen Forums endete mit einer Exkursion zum ehemaligen Militärflughafen Sembach und zu weiteren interessanten Konversionsstandorten.

Die Arbeitsergebnisse des Jungen Forums werden aufbereitet und in der Reihe „Arbeitsberichte der ARL“ veröffentlicht.