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Kleinstädte in Nordost. Herausforderungen, Trends und Dynamiken.

Bericht über die Frühjahrstagung 2021 der LAG Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern

von Julia Diringer und Christian Strauß

Die LAG-Frühjahrstagung 2021 widmete sich den aktuellen Herausforderungen und Zukunftsperspektiven von Kleinstädten. Praxiserfahrungen und wissenschaftliche Ergebnisse verdeutlichten den Bedarf kooperativer und partizipativer Prozesse für die Entwicklung von Kleinstädten. 

Welche besonderen Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven bestehen in nordostdeutschen Kleinstädten? Diese Frage stand im Mittelpunkt der digital durchgeführten LAG-Frühjahrstagung 2021. Deren Einladung waren rund 60 Teilnehmer*innen gefolgt waren. Photo: E.Gustedt

Wer könnte die Herausforderungen und Entwicklungsdynamiken von Kleinstädten in „Nordost“ (LAG-Region Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern) besser verdeutlichen als Vertreter*innen aus Kleinstädten. Zum Einstieg berichteten daher Dr. Andreas Heinrich (Stadt Prenzlau), Annett Jura (Stadt Perleberg und Thomas Redwanz mit Veronika Busch (Amt Peenetal/Loitz), welche Themen in ihren Kleinstädten drängen und welche Pfade sie verfolgen. Dabei zeigte sich: Jede Kleinstadt steht vor spezifischen historisch- oder räumlich-bedingten Herausforderungen, doch sie eint, dass zunehmend kooperative Ansätze mit Akteuren aus der Stadtgesellschaft verfolgt werden, um eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen.

Diese Praxisperspektiven wurden anschließend wissenschaftlich eingebettet. Dr. Annett Steinführer (Johann Heinrich von Thünen-Institut) ging in ihrem Vortrag „Kleinstädte im Wandel. Forschungsstand und perspektiven“ dem Wesen der Kleinstädte auf den Grund. Das oftmals vorherrschende Narrativ der Kleinstadt – klein und überschaubar – greife bei der Vielzahl von 2.100 Kleinstädten (Städte mit 5.000 – 20.000 Einwohner*innen) in Deutschland zu kurz. Neben den Einwohner*innenzahlen seien die siedlungsstrukturellen Kontexte zu berücksichtigen und zugleich die unterschiedlichen Kategorien der „Urbanität“ zu reflektieren. Steinführer beschrieb eine Aufmerksamkeitslücke in der Kleinstadtforschung. Um diese Lücke zu schließen initiierte die ARL 2018 den Ad-Hoc-Arbeitskreis Kleinstadtforschung. Die Mitglieder des Arbeitskreises systematisierten das (Forschungs)Wissen über Kleinstädte und schlussfolgerten, die Datenlage über Kleinstädte zu verbessern. Denn Kleinstädte gewinnen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sowie der Digitalisierungsprozesse, an Aufmerksamkeit als attraktive Wohn- und Arbeitsorte.
 
Dr. Jens Hoffmann (Hochschule Neubrandenburg) berichtete in seinem Vortrag „Neue Ideen für die Kleinstadt“ von Ergebnissen aus dem ExWoSt-Vorgaben „Potenziale von Kleinstädten in peripheren Lagen“. Im Zeitraum von 2016-2018 wurde in acht Modellvorhaben, mithilfe von partizipativen Methoden und Szenario-Techniken, erarbeitet, welche Einflussfaktoren die Bewohner*innen auf ihre Kleinstadt erkennen. Im Ergebnis entstanden neue Ideen für die Kleinstädte, und die Frage: wie kommt man von den Szenarien in eine tatsächliche Zukunft? Der Vortrag „Kleinstädte in Mecklenburg-Vorpommern: zwischen Innovation und Städtebauförderung“ von Claudia Pötschick (complan Kommunalberatung GmbH) führte die Gedanken zu Kooperation fort und rückte dabei die Kooperation von Kleinstädten untereinander in den Fokus. Sie begleitet das Forum Vorpommersche Kleinstädte. In Kleinstadtdialogen tauschen sich kommunale Vertreter*innen über relevante Themen, wie Wohnen, Tourismus oder Standortentwicklung aus. So werden Kooperationspotenziale und konkrete -formen (z.B. interkommunale Kooperation Zingst und Barth beim Thema Wohnraum) identifiziert.

Die Praxisberichte und Forschungsergebnisse flossen in einem moderierten Gespräch zwischen den Impulsgeber*innen und den Tagungsteilnehmer*innen zusammen. In den Kleinstädten brauche es in den Kommunen für die Umsetzung kooperativer Prozesse ausreichend (Personal)Ressourcen aus Politik und Verwaltung vor Ort sowie Engagierte aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft – aber zugleich auch einen frischen Blick von außen. Eine externe Moderation wurde daher als wertvoll eingeschätzt. Diese gebe wichtige Impulse und übernehme oftmals Steuerungsfunktionen im Prozess. Neben der Zusammenarbeit mit den Bürger*innen brauche es vor Ort aber auch weitere Partner*innen, z.B. kommunale Wohnungsunternehmen. Gemeinsam wird der hohe Anspruch einer Nachhaltigkeitstransformation reflektiert: In welchem Verhältnis stehen kleinteilige lebensweltorientierte Wünsche der Bürger*innen zu den Aufgaben der großen Transformation? Das sogenannte Kleinteilige könne zunächst demokratiesichernd wirken und den gesellschaftlichen Zusammenhalt befördern. So hole man Bewohner*innen der Kleinstädte bei ihren akuten Problemen ab, um darauf aufbauend gemeinsam Aufgaben der großen Transformation zu bearbeiten.

In den Abschluss-Statements wurde das Spezifische der Kleinstädte in Nordost beleuchtet. Zusammenfassend zeigten sich in der Tagung neben den gemeinsamen Herausforderungen und Entwicklungspotenzialen auch die Spezifika der nordostdeutschen Kleinstädte, von den Küstenregionen über die brandenburgischen Mittelstädte bis zu den städtischen Ankern in den ländlichen Räumen. Vor diesem Hintergrund waren die im Rahmen der Tagung gesetzten Impulse der Diskussionsbeiträge und die Möglichkeiten für neue Kontakte zur Vernetzung der Akteure wertvoll, um die Zukunftsperspektiven der Kleinstädte weiter zu stärken.

Im Anschluss fand die Mitgliederversammlung der LAG-Mitglieder statt. 

Präsentationen