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Call for Papers: Just Spaces? Gemeinwohl und Gerechtigkeit in räumlicher Planung und Entwicklung

HINTERGRUND UND THEMA

Wie können wir Räume gerecht planen, gestalten und nutzen? Als Handlungsmaxime räumlicher Planungen gilt es, eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung zu gewährleisten sowie öffentliche und private Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Wie kann dieser Anspruch eingelöst und in der Praxis realisiert werden? Im Kern geht es immer um Fragen der Gerechtigkeit – seien es zivilgesellschaftliche Bewegungen zum „Recht auf Stadt“, das politisch-planerische Ringen um „gleichwertige Lebensverhältnisse“ oder der praktische Umgang mit räumlichen und planerischen Konflikten. Das Spektrum von Gerechtigkeit reicht von individuellen Tugenden bis zu Idealzuständen gesellschaftlicher Ordnungen, in denen materielle und immaterielle Güter fair verteilt sind, jede/r die gleichen Chancen hat bzw. unterschiedliche Bedürfnisse und Fähigkeiten berücksichtigt werden und niemand benachteiligt ist.

Richtet sich eine gerechte Raumnutzung an gesellschaftlichen Mehrheiten oder an den am wenigsten Privilegierten aus? Eine gerechte Verteilung von räumlichen Ressourcen und Funktionen und Zugang zu ebendiesen wird als menschliches Grundrecht erachtet. Eine im Prozess und im Ergebnis sozial gerechte Raumentwicklung, die tatsächlich allen Akteuren und Bedürfnissen gerecht wird, kann theoretisch nicht erreicht werden – weshalb der Fokus auf dem Ringen um eine bestmögliche Annäherung liegt. Diese Annäherungen und Aushandlungen werden in unterschiedlichen (räumlichen und planerischen) Handlungskontexten mit jeweils vorherrschenden Orientierungen und vor dem Hintergrund von Zeitgeist und Traditionen vollzogen und drehen sich im Wesentlichen um die Fragen: Welcher Raum darf/soll wie und durch wen genutzt werden? Wer verhandelt und entscheidet über die Gestaltung und Nutzung von Räumen, wer profitiert davon – und wer nicht? Es geht also auch um Verfahrens- und Verteilungsgerechtigkeit.

Der ARL-Kongress 2020 bietet ein inter- und transdisziplinäres Diskussionsforum zu räumlicher Gerechtigkeit und thematisiert dabei Gerechtigkeitstheorien, soziale räumliche Gerechtigkeit, Umweltgerechtigkeit und Verfahrensgerechtigkeit sowohl aus wissenschaftlichen als auch aus planungspraktischen Perspektiven.

THEMENBEREICHE UND LEITFRAGEN

1. GERECHTIGKEITSTHEORIEN – GRUNDSATZFRAGEN IN WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Im ersten Themenbereich geht es um Gerechtigkeitstheorien und -verständnisse: Wie wird (räumliche) Gerechtigkeit definiert und operationalisiert? Inwiefern wird mit (philosophischen) Gerechtigkeitstheorien gearbeitet bzw. welche sollten in der räumlichen Planung angewandt werden? In welchem Verhältnis stehen Planungstheorien und -praktiken in Bezug auf Gerechtigkeit – beispielsweise in Bezug auf räumliche Disparitäten, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und Geschlechtergerechtigkeit?

2. SOZIALE GERECHTIGKEIT – RÄUMLICHE VERTEILUNGSGERECHTIGKEIT

Zur Verortung und Verräumlichung sozialer Gerechtigkeit wird im zweiten Themenbereich gefragt: Inwiefern sind räumliche Funktionen, Chancen und Belastungen sozial gerecht verteilt? Wie kann Verteilungsgerechtigkeit in der Raumentwicklung (bspw. mit Blick auf Einrichtungen der Daseinsvorsorge) erreicht werden? Inwiefern sind bei der Nutzung von Infrastrukturen, Ressourcen oder Landschaften Gemeinschaftsgutprobleme relevant und wie sind diese mit Gerechtigkeitsfragen verbunden? Wer kann Räume auf welche Weise nutzen und wer wird ausgeschlossen?

3. UMWELTGERECHTIGKEIT – VERTEILUNG VON UMWELTRESSOURCEN UND -BELASTUNGEN

Korrespondierend mit Fragen der sozialen räumlichen Gerechtigkeit geht es im dritten Themenbereich um Umweltgerechtigkeit: Inwieweit sind Umweltressourcen und -belastungen räumlich/sozial gerecht verteilt? Welche planerischen Instrumente könnten zu einer umweltgerechten räumlichen Entwicklung beitragen? Inwieweit wird globalen ökologischen Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeits- und Klimagerechtigkeit mit lokalem Handeln begegnet?

4. VERFAHRENSGERECHTIGKEIT – PLANERISCHE INSTRUMENTE UND AUSHANDLUNGSPROZESSE

Quer zu den Themenbereichen „Soziale Gerechtigkeit“ und „Umweltgerechtigkeit“ liegt der Fokus des vierten Themenbereichs auf der Verfahrensgerechtigkeit: Wie wird Gemeinwohl in Analyse-, Abwägungs- und Entscheidungsprozessen ausgehandelt? Wie wird die Bodennutzung planerisch, marktwirtschaftlich und gesellschaftlich gesteuert? Welche Instrumente wirken in der Planungspraxis fördernd oder hemmend und inwieweit greifen bestehende Konzepte? Welchen Beitrag leisten unterschiedliche Steuerungsformen, Institutionen und Akteure für eine gemeinwohlorientierte, sozial gerechte Bodennutzung? Inwieweit sind partizipative Verfahren sozial gerecht?

Die genaue inhaltliche Strukturierung und die methodische Ausgestaltung der vier parallelen Fachsitzungen erfolgt nach Auswahl der Beiträge. In allen Formaten wird Raum für Diskussionen und Erfahrungsaustausch gegeben.

Bewerbung

Die Themenschwerpunkte des ARL-Kongresses 2020 erfordern einen disziplinübergreifenden Diskurs verschiedener wissenschaftlicher Fachrichtungen wie auch die fachkundige Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern aus der Praxis in Planung, Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Gesellschaft. Wir möchten zugleich Berufseinsteigerinnen und -einsteiger sowie Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler ermutigen, sich zu bewerben. Wir freuen uns über eine große Bandbreite vielfältiger Perspektiven auf Gemeinwohl und Gerechtigkeit in räumlicher Planung und Entwicklung. Alle, die sich inhaltlich angesprochen fühlen, schicken bitte ein Abstract des geplanten Beitrags

bis zum 07.02.2020 an kongress@arl-net.de.

Ihr Abstract sollte

  • max. 2.500 Zeichen (ohne Leerzeichen) umfassen,
  • die zentrale Fragestellung, Thesen und Schlussfolgerungen sowie einen aussagekräftigen Titel beinhalten
  • und einen eindeutigen Bezug zu mindestens einem der im Problemaufriss dargestellten Themen aufzeigen.

Mit Unterstützung einer Expertengruppe unter dem Vorsitz des Generalsekretärs der ARL, Prof. Dr. Rainer Danielzyk, werden die eingegangenen Beiträge begutachtet und ausgewählt. Die ausgewählten Referentinnen und Referenten werden bis zum 15.02.2020 über das Ergebnis des Auswahlprozesses informiert. Je Beitrag wird jeweils für eine Referentin/einen Referenten die Teilnahmegebühr des Kongresses erlassen, zudem erstattet die ARL die Reise- und Übernachtungskosten gemäß Bundesreisekostengesetz.

Inhaltliche Fragen zum Call for Papers richten Sie bitte an Dr. Martin Sondermann, Geschäftsstelle der ARL, sondermann@arl-net.de, Tel. 0511 34842-23.