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Braunkohle in Deutschland – eine Standortbestimmung

Welche Impulse kann die Braunkohlenplanung für die regionale Entwicklung auslösen, welche Rolle spielt sie aktuell und in Zukunft vor dem Hintergrund der Energiewende, und wie stellen sich wichtige aktuelle rechtliche Aspekte der Braunkohlenplanung dar? Dies waren die zentralen Fragen der erweiterten Herbsttagung des Informations- und Initiativkreises (IIK) Braunkohlenplanung im Oktober 2012 in Naunhof.

Die Entwicklung von ehemaligen Braunkohlenabbaugebieten

Der Braunkohlenabbau hat auch nach der unmittelbaren Abbauphase einen großen Einfluss auf die Entwicklung einer Region. Durch die Flutung stillgelegter Braunkohlentagebaue entstehen beispielsweise in der Lausitz und bei Leipzig künstliche Seenlandschaften. Kathrin Winkler vom Tourismusverband Lausitzer Seenland gab einen Einblick in bisherige und geplante Entwicklungen in der Lausitz. Mit 23 Seen und einer Fläche von mehr als 13.000 ha wird hier eine neue Urlaubsregion zwischen Berlin und Dresden geschaffen, deren Profil u. a. durch den Landschaftswandel, den Motorsport, aber auch durch kulturelle Aspekte geprägt wird. Diese Vielfalt ermöglicht Wasserwandern, Radfahren und Wassersport, aber auch mobilitätseingeschränkte Menschen sollen ausdrücklich angesprochen werden. Angela Zabojnik von der Stadtverwaltung Leipzig stellte das Leipziger Neuseenland vor. Es umfasst 29 Seen um die Wasserstadt Leipzig herum. Dieses Gewässersystem wurde nicht nur wiederhergestellt, sondern soll auch gesichert werden und dient der wassertouristischen Entwicklung der Stadtregion. Das Alleinstellungsmerkmal liegt laut Zabojnik in der Verbindung der vorhandenen Gewässer mit Kultur, Musik, Sport und Kongressangeboten der Stadt Leipzig. Diese Kombination von Stadt, Auenwald und Bergbaufolgelandschaft ist deutschlandweit einzigartig, so Zabojnik.

Neben diesen für die Tourismusentwicklung positiven Aspekten gibt es jedoch auch negative Folgewirkungen. Dirk Henssen, Leiter LMBV Projektgruppe Nachterstedt Leipzig, stellte die bisherigen Ergebnisse zur Untersuchung der Böschungsbewegung von Nachterstedt 2009 vor. Zwar stehe das endgültige Untersuchungsergebnis noch aus, aber bereits jetzt lasse sich absehen, dass die Böschungsbewegung wohl auf dem nicht vorhersehbaren Zusammenwirken verschiedener komplexer physikalischer Gegebenheiten beruhe, so Henssen.

Die Rolle der Braunkohlenplanung bei der Energiewende

Auch wenn bei der Energiewende der Umstieg von der Kernenergie und von fossilen Energieträgern auf eine regenerative Energieproduktion im öffentlichen Fokus liegt, spielt doch auch die Braunkohle in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Energiewende, so Thomas Hörtinger von der Vattenfall Europe Generation AG. Braunkohlenverstromung könne die Versorgungssicherheit gewährleisten, indem sie für eine Stabilisierung des Netzes sorge, über ihre niedrigen Erzeugungskosten – in begrenztem Maße – als Kostenbremse wirke und hohe und volatile EEG-Einspeisung ermögliche. Darüber hinaus könne Braunkohle neben der Energieproduktion vielfältig eingesetzt werden. Dr. Tom Naundorf, ROMONTA GmbH, plädierte in diesem Zusammenhang für ihre stärkere stoffliche Nutzung, z. B. als landwirtschaftliches Düngemittel, Montanwachs oder auch als Kunststoff.

(Verwaltungs-)Rechtliche Gesichtspunkte der Braunkohlenplanung

Bereits seit 1992 nehmen der Bund und die Länder Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen gemeinsam die Aufgabe der Braunkohlensanierung wahr. Hierbei werden Sanierungen durchgeführt bzw. Anlagen einer Nachnutzung zugeführt, wenn Tagebaue oder Veredelungsanlagen nach der Wiedervereinigung nicht privatisiert werden konnten. Dr. Friedrich von Bismarck, Leiter der Bund-Länder-Geschäftsstelle, stellte die historische Entwicklung dieser Zusammenarbeit im Rahmen des Bund-Länder-Verwaltungsabkommens vor und zog vor dem Hintergrund des anstehenden fünften Verwaltungsabkommens das Fazit, dass auch in Zukunft die Braunkohlensanierung erfolgreich weitergeführt werden könne.

Einen Einblick in die Arbeit des Braunkohlenausschusses gab Vera Müller von der Bezirksregierung Köln. Auf Antrag der Stadt Mönchengladbach und zur besseren Information von Politik und Bürgern habe dieser die Einrichtung eines Monitorings zu Bergschäden im Rheinischen Revier beschlossen. Für die Dauer des Bergbaueinflusses, so der Beschluss, „ist für den Braunkohlenausschuss, Behörden, Kommunen und Betroffene nachvollziehbar darzustellen, in welchen sümpfungsbeeinflussten Bereichen der rheinischen Tagebaue sich Bergschäden entwickelt haben, sich aktuell entwickeln und sich absehbar noch entwickeln werden. Über die konzeptionellen Arbeiten wird regelmäßig berichtet.“ Die Finanzierung des zurzeit in der Entwicklung befindlichen Monitorings ist von der RWE Power AG zu tragen – im Gegensatz zum Monitoring von Garzweiler II, das durch das Land NRW finanziert wird.

Dr. Robert Koch vom Regionalen Planungsverband Oberlausitz-Niederschlesien lieferte einen Überblick über die Fortschreibung des Braunkohlenplans Nochten. Hierbei handelt es sich um ein „neuzeitliches“ Braunkohlenplanverfahren mit Strategischer Umweltprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung. Bei der Planung müssten eine enge Verzahnung mit nachgelagerten Planungen (z. B. Betriebsplanung, Bauleitplanung, wasserrechtliche Planfeststellung) und die Umsetzbarkeit gewährleistet sein, so Koch.

Über die anhängigen Verfassungsbeschwerden zum Rahmenbetriebsplan Garzweiler und zur Grundabtretung referierte Heribert Hundenborn von der Bezirksregierung Köln. Von einem Umsiedlungsbetroffenen ist Beschwerde gegen die Zulassung eines Rahmenbetriebsplanes und von einem Umweltverband Beschwerde gegen einen Grundabtretungsbeschluss eingereicht worden.

Resümee: Trotz einer hohen Verrechtlichung können Braunkohlenpläne zur Bestandskraft gebracht werden

Obwohl die Rechtslage äußerst komplex ist, können Braunkohlenpläne dennoch zur Bestandskraft gebracht werden, so Prof. Dr. Andreas Berkner vom Regionalen Planungsverband Leipzig-Westsachsen. Eine wichtige Voraussetzung sei jedoch, dass in der Verwaltung eine uneingeschränkte Bereitschaft zur Problembewältigung, Transparenz und Ergebnisoffenheit vorhanden sei. Ein „stures Abarbeiten“ von Verwaltungsverfahren zerstöre hingegen das Vertrauen der Betroffenen und befördere Politikverdrossenheit. Für eine Problem- und Konfliktbewältigung, so Berkner, sind häufig nicht die gesetzlich normierten, sondern die verfahrensbegleitenden Aktivitäten entscheidend.

Das nächste Ziel des IIK liegt darin, das 2009 herausgegebene E-Paper Nr. 8 der ARL „Braunkohlenplanung in Deutschland – Neue Anforderungen zwischen Lagerstättensicherung, Umweltverträglichkeit und Regionalplanung“ zu überarbeiten.