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Ad-Hoc-Arbeitskreis „Resiliente Raumstrukturen: Warum kritische Infrastruktur besser geschützt werden muss

Was passiert, wenn der Strom für längere Zeit ausfällt oder die Versorgung mit Trinkwasser oder die Mobilfunknetze zusammenbrechen? 

Der neue Ad-Hoc-Arbeitskreis befasst sich mit Fragen der Vorsorge gegen Auswirkungen von Sabotage und eines möglichen bewaffneten Konflikts in Deutschland aus der Perspektive der räumlichen Planung.

Die sicherheitspolitische Lage, in der sich Deutschland und andere europäische Länder befinden, muss als überaus angespannt bezeichnet werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat einen „Mentalitätswechsel“ der Deutschen in Sicherheitsfragen gefordert. Das bedeutet auch, dass wir planerisch für resiliente räumliche Strukturen sorgen und die Belange der Landesverteidigung stärker berücksichtigen müssen , indem wir Vorsorge insbesondere für die Infrastruktur und den Bevölkerungsschutz treffen.

Mit welchen Instrumenten kann dies umgesetzt werden? Wo sind Synergien mit der Vorsorge gegen weitere aktuelle und mögliche Krisen (Klimawandel, politischer Fanatismus, Pandemien) zu nutzen?

Diesen Fragen wird ein kürzlich eingerichteter Ad-Hoc-Arbeitskreis der ARL nachgehen. Die Leitung haben Prof. Dr. János Brenner (Technische Universität Berlin) und Prof. Dr. Detlef Kurth (Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau) übernommen. Seitens des Präsidiums der ARL nimmt Prof. Dr. Axel Priebs teil, die Geschäftsführung übernimmt Prof. Dr. Andreas Klee. Im Sinne einer inter- und transdisziplinären Bearbeitung des Themas kommen weitere Mitglieder des Ad-Hoc-Arbeitskreises von Hochschulen, außeruniversitären Forschungsinstituten, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und dem Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr.

Die Mitglieder des Ad-Hoc-Arbeitskreises wollen Konturen für die Planung resilienter Raumstrukturen skizzieren. Dabei gilt es zunächst, auf ein einheitliches raumordnungsbezogenes Resilienzverständnis hinzuwirken und Schnittstellen mit der Stadtplanung zu definieren. Gerade mit Blick auf die aktuellen Krisensituationen, vor allem in geopolitischer Hinsicht, soll eine moderne raumordnerische Resilienzstrategie entwickelt werden.

Eine wesentliche Herausforderung wird darin gesehen, dass die gerade begonnene Sensibilisierung für dieses Thema weiter erhöht werden muss, dass aufgebaute „Denkhürden“ abgebaut werden müssen. Zudem sind vielfältige Geheimhaltungserfordernisse, insbesondere seitens der Bundeswehr, zu beachten, und es muss ein produktiver Umgang mit dem Spannungsfeld Öffentlichkeit – Geheimhaltung/Vertraulichkeit gefunden werden. Wie lassen sich Informationen und Standortdaten kritischer/militärischer Infrastruktur trotz Sensibilitätserfordernis nutzen und wo ist die Grenze öffentlicher Verhandlung? Muss vielleicht sogar eine „zweite Planungsebene“ mit begrenzter Öffentlichkeit eingezogen werden?

Thematisch wird sich der Ad-Hoc-Arbeitskreis mit folgenden Aspekten befassen:

  • Prüfung der Rechtsgrundlagen auf Bundes- und Länderebene, ob und wenn ja, inwieweit in den Raumordnungs- bzw. Landesplanungsgesetzen der Länder die Anforderungen an ein geschärftes Verständnis von Resilienz berücksichtigt sind bzw. berücksichtigt werden können.
  • Prüfung ausgewählter Raumordnungspläne auf Landes- und regionaler Ebene gleichfalls unter diesem Aspekt.
  • Aufgabe der Raumordnung ist es nicht zuletzt, Raumfunktionen, Raumnutzungen und Infrastrukturen resilient zu entwickeln, um militärisch, aber auch terroristisch ausgelöste Schäden etwa Sabotageakte bzw. Cyberattacken gegen das Stromnetz möglichst zu vermeiden oder deren negative Auswirkungen zu begrenzen. Zu fragen ist daher unter anderem nach dem – auch raumplanerisch unterstützten – Schutz der kritischen Infrastrukturen.
  • Zur Resilienz trägt auch die Redundanz bei: Konkret heißt das, dass beispielsweise Bahnstecken, die derzeit wenig ausgelastet sind, aber gegebenenfalls die Funktion von ausgefallenen Strecken im Netz übernehmen könnten, nicht vorschnell stilllegt. Auch Stromnetze müssen stärker redundant ausgelegt werden, was gegebenenfalls auch mit einem zusätzlichen Flächenbedarf einhergehen kann.
  • Es ist möglicherweise damit zu rechnen, dass Konflikte in urbanen Räumen zunehmen werden, häufig als Teil einer asymmetrischen Kriegsführung. Bei realistischer Betrachtung muss in potenziell konfliktträchtigen Räumen auch der Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur wieder verstärkt ins Blickfeld genommen werden.
  • Zudem sollte den infrastrukturellen Verbindungen Richtung Osteuropa sowie der Verwundbarkeit der Dateninfrastruktur mehr Beachtung geschenkt werden.

Prof. Dr. Andreas Klee

Leitung der Zentralabteilung / Vertretung der Generalsekretärin der ARL

Tel. +49 511 34842 39
andreas.klee@arl-net.de